Stellplätze fürs Fahrrad an Bahnhöfen und vor Geschäften
Platzangst?
Stellplätze fürs Fahrrad an Bahnhöfen und vor Geschäften
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Der nette Bioladen um die Ecke hat sie schon: überdachte und gute Stellplätze, an denen man das Rad auch anschließen kann. Super! Aber so was ist in den meisten Städten Deutschlands eher die Ausnahme denn die Regel. Egal, ob beim Arzt oder Supermarkt – wer mit dem Rad hinfährt, sucht oft vergeblich nach dem passenden Parkplatz. Im besten Fall ist ein Laternenpfosten in der Nähe, an den man das Rad anketten kann. Darf man das denn immer?
Es gibt kein allgemeines Parkverbot für Fahrräder
Rechtsanwalt John Haug aus Solingen sagt dazu ganz generell „Ja“. Denn „ein Parkverbot für Radfahrer gibt es nicht. In der Straßenverkehrsordnung wird nur das Parken und Halten von Kraftfahrzeugen geregelt“. In der Vergangenheit haben Kommunen immer wieder versucht, Park- oder Halteverbote auf Fahrräder auszuweiten, doch dies ist laut Haug nicht zulässig. So darf man also durchaus sein Fahrrad auf Gehwegen abstellen und an Laternenpfosten und Zäunen anschließen, auch in Fußgängerzonen. Aber natürlich gilt die Regel, dass der übrige Verkehr durch das abgestellte Fahrrad nicht behindert werden darf. Wenn Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Kinderwagen nicht mehr durchkommen, ist der Parkplatz logischerweise falsch gewählt. Außerdem müssen Rettungs- und Fluchtwege immer freigehalten werden.
Sogar längs am rechten Fahrbahnrand dürfen Fahrräder stehen, was insbesondere für Lastenräder eine interessante Variante sein kann. Einziges Kriterium: Das Rad muss gut sichtbar sein. Deshalb ist bei Dunkelheit eine rot-weiße, reflektierende Warntafel oder eine Parkleuchte am Fahrrad Pflicht.
Stellplätze müssen platzsparend genutzt werden
Ja, ein Parkplatz ist nicht nur für Pkw vorgesehen, sondern ganz allgemein für Verkehrsmittel. Wer sein Rad auf einem öffentlichen Parkplatz abstellt, muss dann unter Umständen auch Parkgebühren bezahlen. Das ist unüblich und auch in der Tat etwas kompliziert. Wo beispielsweise befestige ich an meinem Rad einen Parkschein? Außerdem gilt der Grundsatz des „platzsparenden Parkens“: Das Fahrrad darf nicht quer oder gar diagonal auf dem freien Parkplatz stehen.
Wer gleich eine ganze Gruppe an Drahteseln abstellt, nutzt den Platz übrigens auch verhältnismäßig. Sechs bis acht normale Fahrräder passen auf einen Pkw-Stellplatz. Und auch das ist unter platzsparend Parken gemeint: Findet sich ein geeigneter Fahrradstellplatz in der Nähe, sollte eher dieser als der Fahrbahnrand genutzt werden.
Schrottreife Räder dürfen entfernt werden
All diese Park-Regelungen gelten nur, wenn das Fahrrad verkehrstauglich ist beziehungsweise als Verkehrsmittel im Einsatz ist. Steht ein schrottreifes Fahrrad herum und blockiert damit Stellplätze oder Wege, darf es von der Stadtverwaltung entfernt werden. Gleiches gilt für Fahrräder, die ausschließlich als Werbeträger für Geschäfte verwendet werden. Sie müssen gesondert genehmigt werden. Wer am Rad eine Werbetafel befestigt hat und es gleichzeitig zur Fortbewegung nutzt, braucht selbstverständlich keine Sondergenehmigung, hier steht die Nutzung im Verkehr im Vordergrund.
Vor Schaufenstern findet sich manchmal ein Schild mit dem Hinweis: „Hier bitte keine Räder abstellen/anlehnen“. Über die Zulässigkeit dieser Hinweise wird im Internet heftig diskutiert, weil sie keine Verkehrsschilder im Sinne der Straßenverkehrsordnung sind. Rechtanwalt Haug empfiehlt dennoch, sich an diese Regeln zu halten. Er erklärt: „Der Ladeninhaber darf gegen sogenannte Besitzstörungen vorgehen“. Sollte also ein angelehntes Fahrrad die Schaufensterscheibe zerkratzen können, den Geschäftseingang versperren oder das Betrachten der Auslagen verhindern, gilt dies bereits als Störung des Besitzes. Eine Beseitigung des Rades ist dann erlaubt.
Schließlich sicher: 10 Tipps gegen Fahrrad-Diebstahl
Es gibt keine generelle Norm für die Anzahl an Fahrradstellplätzen
Wer vor seinem Lieblings-Friseursalon keinen Stellplatz vorfindet, sollte also im besten Fall mit dem Eigentümer sprechen und den Wunsch nach Fahrradparkplätzen äußern. Meist ist es im Sinne des Eigentümers selbst, geeignete Stellplätze zu installieren, weil wildes Parken damit reduziert wird. Ein allgemeines Recht auf Fahrradstellplätze gibt es allerdings nicht, vor allem nicht bei Bestandsbauten – die in Innenstädten in der Mehrheit sind. In einigen Bundesländern gibt es mittlerweile bei Neubauten von Wohnhäusern sowie Geschäften und Praxen eine Fahrradstellplatzpflicht. Dies ist jedoch nicht einheitlich geregelt.
Auch für die Städte selbst gibt es keine Norm. Wie viele Fahrradstellplätze an Bahnhöfen und in Innenstädten gebaut werden, hängt von den Satzungen der einzelnen Kommunen ab. Das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) kritisiert bereits 2012: „Fahrradparken war lange Zeit ein nur stiefmütterlich behandeltes Thema der Radverkehrsförderung“.
Das difu betont in seiner Stellungnahme, wie wichtig das Thema Parken bei der Annahme eines Verkehrsmittels ist. Steigt beispielsweise die Anzahl sicherer Stellplätze an Bahnhöfen, wird das Pendeln via Rad und Bahn viel attraktiver. Gerade das Thema Sicherheit spielt hier eine große Rolle. An vielen deutschen Bahnhöfen stehen unendlich viele Räder an einfachen Radständern befestigt, wirr durcheinander und ohne Schutz vor Wind und Wetter. Oft sind die Stellplätze zudem unbeleuchtet und zugemüllt. Kein Wunder, dass hier ab und zu auch ein Schrottrad stehen bleibt und häufig Diebstahl von einzelnen Teilen oder kompletten Rädern vorkommt. Statt solchem Wildwuchs wären sichere Stellplätze zum Anschließen und mit Überdachung sinnvoll. Auch abschließbare Fahrradgaragen und -boxen können eine Option sein, die insbesondere für tägliche Pendler mit einem teueren Rad interessant ist.
Vorbildlich: Die Radstation in Münster
Vorreiter in diesem Punkt ist die Fahrradstadt Münster mit ihrer Radstation am Hauptbahnhof, die es seit über 20 Jahren gibt. 3300 Stellplätze bietet das größte Fahrradparkhaus Deutschlands heute – es ist in den warmen Monaten komplett ausgebucht, mehr als die Hälfte der Stellplätze werden mit Dauerkarten genutzt. Das kostet, aber nicht übertrieben viel: Pro Tag wird eine Gebühr von 80 Cent fällig, eine Jahreskarte kostet 80 Euro. Ein Preis, der es den Nutzern ganz offensichtlich wert ist, die Vorteile der Radstation liegen auf der Hand: Die Fahrräder stehen geschützt, sind für den Nutzer wieder leicht auffindbar und der Weg zum Bahnhofsgebäude ist sehr kurz. In der Radstation ist es dank guter Beleuchtung immer hell, es gibt eine Waschanlage, einen Reparaturservice und Unterstützung vom Personal.
Solche Fahrradparkhäuser sind in Deutschland noch selten, könnten aber eine Lösung sein für Städte, die ihre Bürger aufs Rad bringen wollen. Denn gute Infrastruktur lädt zur Nutzung ein.