Lastenanhänger fürs Fahrrad im Test

Lastenanhänger fürs Rad: Hab den Wagen vollgeladen

Lastenanhänger fürs Fahrrad im Test

Cargobikes sind derzeit in aller Munde. Die großen Fahrräder mit der hohen Zuladung und viel Platz für Gepäck sind auch irre praktisch. Sie sind aber auch teuer und meistens sperrig. Die günstigere Alternative: Lastenanhänger!
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Das Ziel ist klar: Möglichst viel mit dem Rad und möglichst wenig mit dem Auto fahren. Aber wenn Gepäck ins Spiel kommt, wird es schwieriger, den Vorsatz umzusetzen. Klar, für den Alltag reichen meist die Satteltaschen, aber wenn die Last zu groß oder zu schwer wird, dann muss es eben das Auto sein. Den Getränkeeinkauf oder das Kajak kann man eben nicht mit dem Rad transportieren – oder? Die Kandidaten für diesen Test sehen das anders. Dabei stellen wir keine umfunktionierten Kinder-Transporter vor, sondern Anhänger, die rein für den Lastentransport konstruiert wurden.

Unterschiede in der Konstruktion

Die Lastenanhänger unterscheiden sich teils deutlich in Einsatzzweck und Konstruktion. In unserem Testfeld setzen Pedalpower, Topeak, FollowMe und Burley auf einspurige Anhänger, während die anderen Hersteller zwei Räder an ihren Anhängern montieren.

Die einspurigen Anhänger weisen allesamt eine niedrigere maximale Zuladung auf, diese liegt im Testfeld zwischen 28 und 32 Kilogramm. Der Vorteil der Konstruktion liegt im geringeren Eigengewicht. Außerdem sind vor allem FollowMe und Topeak schmal gebaut und passen auch durch Engstellen. Der FollowMe ist zudem sehr kurz gehalten, er ist aber auch ein Sonderfall, weil er keine richtige Ladefläche bietet, sondern mehr ein Gepäckträger zum Hinterherziehen ist. Pedalpower und Burley bieten mehr Platz und durch ein einstellbares Federbein auch mehr Komfort. Durch die Federung überrollen die Anhänger Hindernisse besser und vor allem leiser. Zudem wird sensibles Frachtgut geschützt. Der Coho XC bietet nicht nur ein großes Gepäckfach, mit einem zusätzlichen Gepäckträger und Packtaschen ist der Stauraum noch ausbaubar.
Die einspurigen Anhänger bieten ein gänzlich anderes Fahrgefühl als die Pendants mit zwei Reifen. Das fällt weniger beim Beschleunigen oder Bremsen auf, sondern vor allem in den Kurven. Denn die einspurigen Anhänger neigen sich in die Kurve und leiten Seitenkräfte auch in das Zugfahrzeug ein. Allerdings sind die Einspurigen mit dem Testgewicht auch alle an der maximalen Belastungsgrenze, das ist in allen Fällen spürbar. Vorsicht ist auch beim Parken geboten, denn bei den Einrädrigen werden der Ständer des Zug-Rades und die Kupplung zusätzlich belastet. Burley bietet daher einen Zweibeinständer, der Anhänger und Rad hält, Topeak verbaut Gummipuffer am Chassis, auf diese wird das Gespann im abgewinkelten Zustand gelehnt.

Modularer Aufbau für Variabilität

Bei den zweispurigen Anhängern folgen Roland, Hinterher und Weber dem gleichen Baumuster. Die Basis bildet eine Metallplatte mit Verzurrösen auf einer Achse. Die Deichsel kann in einer alternativen Position eingesteckt werden, um den Anhänger als Handwagen zu nutzen. Die Basis kann durch verschiedene Aufbauten wie Bordwände oder eine Reling erweitert werden. Ein Deckel oder eine Plane schützt den Inhalt vor Dreck oder Feuchtigkeit. Durch den modularen Aufbau kann der Anhänger an individuelle Vorlieben und Bedarfe angepasst werden.

Die zweite größere Gruppe sind Anhänger, die ein klappbares Rohrgerüst haben und mit Stoff bespannt sind, darunter fallen die Modelle Kalle und Tuure von Croozer und der Taxxi Load 45. Alle drei Anhänger bieten einen Deckel und können zum Bollerwagen umgebaut werden. Der Cyclone IV Trekking von Radical Design passt nicht ganz in diese Gruppe. Er schützt seine Ladung zwar auch rundherum mit Stoff, ist aber deutlich leichter und flexibler. Er kann bei Bedarf auch als Tasche genutzt werden, etwa für die Mitnahme in Bus oder Bahn.

Die drei restlichen Anhänger des Testfelds lassen sich keiner Gruppe klar zuordnen. Der Reacha Sport ist ein Spezialist für den Transport von Sportgeräten, speziell von Wassersportgeräten wie Surfboards, SUPs oder Kajaks. Aber auch andere lange Sportgeräte wie Ski oder Snowboards finden auf dem langen Anhänger leicht Platz. Dabei ist die Auflagefläche für die Ladung gar nicht so groß, der Hänger bietet aber entsprechend viel Freiraum zum Rad.

Der The Y von Carry Freedom ist der reduzierteste Lastenanhänger im Test. Er besteht lediglich aus einem Y-förmigen Rahmen, auf dem ein Schicht-Holz mit Antirutschbeschichtung und Ausfräsungen für Zurrgurte befestigt ist.

Das Modell „One“ von Hautoo besteht fast vollständig aus Metall. Ähnlich wie Roland, Weber und Hinterher kommt eine Metallbodenplatte mit Zurrösen zum Einsatz. An den Seiten verbaut Hautoo Metallbügel, vorne und hinten ist der Neigungswinkel einstellbar, das schafft Platz für lange Ladung.

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Kupplung als neuralgischer Punkt

Ein neuralgischer Punkt für einen Lastenanhänger ist seine Kupplung an das Zugfahrzeug, denn hier werden die Kräfte übertragen. Im Test setzen alle Anhänger an einem Schnellspanner am Hinterrad an. Bei den einspurigen Anhängern muss die Achse durch ein Pendant mit Kupplungen an beiden Enden ersetzt werden, an Stelle des Schnellspanners werden die Achsen über Schraubverbindungen fixiert.

Bei allen Anhängern mit zwei Reifen kann die vorhandene Achse ergänzt werden. Dafür wird die Kupplung wie eine Unterlegscheibe zwischen Schnellspanner und Rahmen geklemmt. Zum Teil haben die Kupplungen eine Verdrehsicherung, die im offenen Ausfallende des Rahmens Halt findet. Dadurch bleibt die Kupplung immer korrekt ausgerichtet und kann problemlos wieder getrennt werden. Andernfalls kann durch die Stützlast die Kupplung nach unten verdreht werden. Viele Hersteller setzen auf eine zusätzliche Fangleine. Sollte die Kupplung brechen oder sich öffnen, bleibt der Anhänger über die Leine mit dem Rad verbunden. Viele Hersteller bauen bei der Kupplung auf eigene Konstruktionen, andere vertrauen auf eine Kupplung des Herstellers Weber. Der bietet Gelenkkupplungen in verschiedenen Varianten mit unterschiedlichen Zuglasten, Dämpfungen und Adaptern an. Etliche Hersteller mit proprietären Kupplungen bieten auch einen Umbau auf eine Weberkupplung an. Die Kupplung von Weber kann mittels Schnellspanner, Steckachse oder auch an Schraubpunkten am Rahmen fixiert werden. Einzig Reacha setzt im Test auf eine Kupplung an der Sattelstütze, bietet aber auch eine kürzere Deichsel mit Weber-Kupplung an. Bei allen Kupplungen ist es wichtig, die angegebenen Nm-Angaben zu beachten, damit die Kupplung fest sitzt, die Verbindung aber auch nicht reißt. Beim Reacha führt ein zu schwaches Anziehen der Schrauben zwischen Bike-Connector und Handwagen zur Veränderung des Neigungswinkels des Anhängers, aber auch zu Kontakt zwischen Deichsel und Hinterrad – Unfallgefahr.

Europäische Norm setzt die Grenzen

Für Fahrradanhänger gibt es eine europäische Norm (DIN EN 15918), diese gibt das zulässige Höchstgewicht eines Anhängers (Eigengewicht plus Zuladung) mit 60 Kilogramm an. Daher geben viele Hersteller die maximale Beladung mit etwa 45 Kilogramm an. Einige Hersteller geben den eigenen Anhänger als Handwagen daher für höhere Belastungen frei, als wenn er als Radanhänger verwendet wird.

Einzige Ausnahme im Testfeld ist der Kargo Comfort von Weber, der darf ganz legal 80 Kilo zuladen, weil er über eine Auflaufbremse verfügt. Wird das Fahrrad abgebremst, schiebt der Anhänger von hinten auf die Kupplung. Das löst beim Weber einen Mechanismus aus, der über einen Seilzug eine mechanische Scheibenbremse an beiden Rädern ansteuert – der Anhänger bremst dadurch mit. Carry Freedom gibt für den The Y in der „large Version“ zwar eine maximale Beladung von 90 Kilogramm an, der Norm entspricht der Anhänger damit ohne eigene Bremse aber nicht.

Rein rechtlich dürfen Fahrradanhänger bis zu 2,50 Meter breit sein. In der Praxis aber ist eine Spurweite unter einem Meter sinnvoll, um etwa Poller durchfahren zu können.

Lastenanhänger mit Bedacht beladen

Neben der Zuladung sollte auch die Lastverteilung auf dem Anhänger bedacht werden. Die größte Last sollte möglichst auf der Achse liegen und die Ladung fixiert sein. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Stützlast, damit wird die Last angegeben, die von oben auf die Deichsel bzw. die Kupplung wirkt. Die Hersteller geben hier eigene Limits an. Die Stützlast wird durch die Zuladung insgesamt und die Gewichtsverteilung beeinflusst.

Die Hersteller geben zudem in den Anleitungen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit des Gespanns an, meist werden 20-25 km/h als Obergrenze angegeben, Kurven sollten langsamer umfahren werden. Wir waren im Test auch mit deutlich höheren Geschwindigkeiten unterwegs, um die Fahrstabilität der Hänger bzw. des Gespanns zu erfahren.

Zuletzt muss auch das Zugfahrzeug für den Anhängerbetrieb geeignet sein. Zuerst ist zu klären, ob der Hersteller das Rad für den Anhängerbetrieb freigibt. Diese Info steht entweder in der Anleitung oder es ist eine Nachfrage beim Händler oder Hersteller notwendig. Außerdem ist das maximale Systemgewicht des Rades zu beachten. Das setzt sich aus dem Eigengewicht des Rades, dem Gewicht des Fahrers samt Bekleidung und persönlicher Ausrüstung, Zubehör und im Fall der Anhängernutzung eben auch der Stützlast auf der Achse zusammen. Unbedingt empfehlenswert ist eine standfeste Bremsanlage, die dem erhöhten Gewicht gewachsen ist. Da sich das Bremsverhalten durch die Beladung ändert, sollte man die ersten Fahrten vorsichtig angehen und das Bremsen üben.

Kette oder Nabe? Meistens egal

Auch wenn der Anhängerbetrieb mit einer Kettenschaltung am einfachsten umsetzbar ist, sind andere Schaltformen kein Ausschlusskriterium. Viele Hersteller bieten entsprechende Adapter an. Auch Fahrräder, die keinen Schnellspanner, sondern eine Steckachse verwenden, können Anhänger ziehen. Wichtig ist es, eine genau passende Achse mit Kupplung zu finden, denn Steckachsen sind nicht genormt. Es gibt Unterschiede in der Länge, im Durchmesser und bei der Steigung des Gewindes.

Der Wartungsaufwand hält sich bei den Anhängern zum Glück in Grenzen. Wichtig ist es, regelmäßig den Luftdruck zu prüfen, da die Reifen häufig stark belastet werden, zudem sollte der Luftdruck in beiden Reifen gleich groß sein. Bei fast allen zweispurigen Anhängern (bis auf Reacha) kommen Steckachsen mit Schnellverschlüssen zum Einsatz. Der Sitz sollte regelmäßig geprüft werden, um nicht während der Fahrt ein Rad zu verlieren. Gerade beim Einsatz bei Regen und Schnee sollten zudem die Achsen regelmäßig gefettet werden. Beim Weber Kargo Comfort kommt eine Kontrolle und ein eventuelles Nachstellen der Auflaufbremse hinzu.

Lastenanhänger fürs Rad: Fazit

Lastenanhänger sind eine tolle Ergänzung zum Fahrrad. Ist die entsprechende Kupplung einmal montiert, dauert es meist nur Sekunden, bis der Anhänger einsatzbereit ist. Wird er nicht gebraucht, fährt man sein Alltagsrad ohne Zusatzbelastung. Viele Anhänger lassen sich zudem einfach verstauen, zusammenklappen oder aufstellen – sie benötigen wenig Platz. Damit ist der Nutzen noch vielseitiger als bei einem Lastenrad – oder der Stauraum des Lastenrades wird noch erweitert. Selbst Fahrräder können mittlerweile auf Fahrradanhängern transportiert werden, oder ganze Europaletten.

Weber zeigt mit der Auflaufbremse, dass auch schwere Lasten kein Problem darstellen. Vor allem zeigt der Test aber, wie bunt der Markt für Lastenanhänger ist. Da ist für jede Vorliebe etwas dabei: leichter, erweiterter Stauraum für Ausflug oder Urlaub, Transport von Sportgeräten zum Strand und See oder wettergeschützter Transport des Wocheneinkaufs. Jeder der getesteten Anhänger findet seine Nische. Besonders günstig sind alle Transportlösungen leider nicht und die Preise lassen sich durch individuelle Aufbauten und Konfigurationen problemlos weiter in die Höhe schrauben. Im Vergleich zu einem Auto und in Relation zu einer hoffentlich langen Nutzung relativieren sich die aufgerufenen Preise aber wieder.

Die vollständigen Testbriefe der Lastenanhänger finden sich in der Radfahren 1/2024 – die man hier nachbestellen kann!

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