Faszien-Training für Radfahrer: Infos und Tipps

Faszien-Training für Radfahrer: Hintergründe und Tipps

Faszien-Training für Radfahrer: Infos und Tipps

Seit einiger Zeit haben schwarze Rollen in viele Fitnessstu­dios und heimische Wohnzimmer Einzug gehalten – die sogenannten Faszienrollen. Claudia de Greiff, Inhaberin von zwei Fitnessstudios bei Mün­chen, verrät, welche Vorteile das Faszien-Training hat – gerade für Fahrradfahrer.
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Was sind eigentlich Faszien?

Faszien sind dünne kleine Fasern, die wie ein Netz sämtliche Strukturen unseres Körpers umhüllen. Also Muskeln, Organe, oder Knochen. Vereinfacht kann man sagen, dass Faszien unser Bindegewebe darstellen. Erst in den vergangenen Jahren wurde die Aufgabe der Faszien erforscht und es hat sich herausgestellt, dass sie vielerlei wichtige Aufgaben in unserem Körper haben.

Welche Aufgaben sind das?

Sie stützen und formen unseren Körper und verbinden als Netzwerk sämtliche Körpersehnen miteinander. Die Faszien schicken dank ihrer Nervenendigungen und Schmerzrezeptoren sogar Informationen an unser Gehirn. Nicht zuletzt übernehmen sie die Kraftübertragung von Muskel zu Muskel, sorgen also dafür, dass die Muskeln miteinander „kooperieren“ und reibungslos funktionieren. Die Struktur dieses Bindegewebes wird vor allem durch die Art, mit der wir uns bewegen – oder nicht bewegen –, positiv oder negativ beeinflusst. Nur durch eine gesunde Bewegung bleiben die Faszien elastisch, verfilzen nicht und können den Abtransport der Stoffwechselprodukte beeinflussen.

Nur wenn die Faszien regelmäßig gestreckt werden, also möglichst einmal am Tag in ihre maximale Länge gezogen werden, bleiben sie locker und flexibel. Das erreichen wir über passives Faszien-Training, also mit Hilfe der Faszienrolle, und durch aktives Faszien-Training, mit dreidimensionaler Dehnung, die wir beispielsweise beim Yoga ausüben. In diesem Bericht sprechen wir am besten mal das passive Faszien-Training an.

Was bewirkt das Faszien-Training?

Beim Training mit der Faszienrolle werden durch die mechanische Behandlung Gewebeschichten, Muskeln und Faszien bewegt.Durchblutung und Stoffwechsel werden angeregt, Anspannungen und Verspannungen werden aufgelöst. Der Druck auf die Faszien bringt die Zwischenzellflüssigkeit, die den Raum zwischen den Zellen und dem Netz von Bindegewebsfäden ausfüllt, in Bewegung. Dadurch werden Anstauungen von Nährstoffen oder Stoffwechsel-Abfallprodukten aufgelöst und die Zellen werden besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt.

Die Rezeptoren im Bindegewebe werden aktiviert und sorgen dafür, dass der Körper die Spannung aus den betroffenen Muskelpartien herausheben kann. Die überhöhten Muskelspannungen werden gelöst, der Schmerz klingt ab.

Verspannungen lösen: Dehn- und Kräftigungsübungen für Radfahrer

Ist jeder gleich Meister der Rolle?

Mit der Faszienrolle ist es jedem möglich mit dem Training zu beginnen. Wichtig ist: Anfangs sollte erst sanft gerollt werden, später können verfilzte Faszien auch mit gezielterem Druck gelöst werden. Wissen muss man: Das Lösen dieser Verhärtung ist meist etwas schmerzhaft, durch gezielten Druck während des Rollens kann dieser aber gut dosiert werden. Die Schmerzpunkte werden weniger, je mehr die verfilzten Fasern wieder durch das Rollen elastisch und geschmeidig werden. Man kann sich gut mit Hilfe einer Empfindlichkeitsskala von eins bis zehn orientieren. Eins bedeutet, dass man nichts spürt, bei zehn ist der Rollschmerz so groß, dass er negativ wirkt. Training sollte bis neun angestrebt werden. Aber auch niedrigere Werte führen zu steigendem Wohlbefinden.

Warum ist Faszien-Training gerade für Radfahrer so effektiv?

„Das ist doch nicht normal!“, ist ein oft gehörter Ausruf beim ersten Mal Rollen. Und nein, die Verklebungen sind nicht normal und auch nicht akzeptabel. Und ja, es kann sein, dass du dabei weinen musst, weil es so unglaublich sch…limm ist. Aber nicht ohne Grund ist, wie man sieht, die Rolle immer öfter auch bei den Profis im Einsatz. Mit Faszien-Training bleibst du entspannt, locker und leistungsfähig. So wirst du schnell wieder fit für die nächste Etappe und kannst typischen Beschwerden und Verletzungen vorbeugen. Die lange Anspannung bei Ausfahrten führt oft zu einer sehr hohen Grundspannung der Muskulatur. Oder auch Stöße oder Stürze führen oft zu einer Störung der feinen Gewebestruktur. Hinzu kommen Verkürzungen in den Oberschenkeln und nicht selten ein Rundrücken.

Auch der Schultergürtel ist oft verhärtet.Wenn man nach dem Radfahren auch noch im Büro oder Homeoffice sitzen muss, ist es um so wichtiger die Muskeln locker und geschmeidig zu halten. Faszien-Training hilft die Muskeln zu lockern und verklebtes Gewebe zu lösen, um so schneller zu regenerieren und geschmeidiger zu fahren. Die Schmerzen, die du anfänglich beim Rollen haben wirst, zeigen deutlich, wie stark die Verklebungen sind und wie wichtig es ist, diese schnell wieder loszuwerden. Besonders an den Waden, Oberschenkel-Außenseiten, am Po und am Rücken. Mein Tipp: Starte langsam und vorsichtig. Atme dabei tief und gleichmäßig. Wie bei einer schönen Bergetappe … und alles wird fantastisch elastisch!

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Kann ich das Training zuhause durchführen? Oder besser im Studio?

Im Fachhandel gibt es eine gute Auswahl an Rollen und Faszienbällen. Ich empfehle lieber mit einer etwas weicheren Rolle anzufangen, da sich auch hier ein guter Trainingseffekt einstellt. Falls es einem immer noch zu hart vorkommt, kann man auch mit einer halben Pilates-Rolle beginnen, diese ist weicher als übliche Faszienrollen. Man kann sich zuhause gut ausrollen. Am Anfang ist es eventuell empfehlenswert, sich einen Personal-Trainer zu gönnen. Der zeigt, wie man sich gut abstützt und an die kleinen Muskeln rankommt.

Was brauche ich für das Training?

Nur deine Trainingsmatte und eine Rolle, eventuell noch Faszienbälle oder Faszien­knochen.

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