Stellplätze für Fahrrad und E-Bike: Rechte und Pflichten

Garagen wagen: Wo kann das Fahrrad parken?

Stellplätze für Fahrrad und E-Bike: Rechte und Pflichten

Deutsche kaufen immer teurere Fahrräder. Wer nun aber 1000 Euro und mehr für ein Fahrrad ausgibt, will es auch sicher abstellen. Der alte Felgenquetscher neben den Müll­ton­nen im Hinterhof reicht da nicht mehr aus. Auch stellt sich die Frage nach den Lademöglichkeiten für E-Bikes. Was ist eigentlich erlaubt? Welche Rechte haben Mieter, welche Pflichten Hausbesitzer? Rechtsanwalt Dr. Christian Klotz klärt auf.
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Ende November vergangenen Jahres explodierte in einer Privatwohnung in der Stadt Bad Waldsee im Kreis Ravensburg der Akku eines Pedelecs. Die genaue Ursache der Akku-Explosion konnte die Polizei nicht feststellen. Oliver Surbeck, Kreisbrandmeister des Landkreises Ravensburg, warnte gegenüber der Presse ausdrücklich davor, Pedelec-Akkus in der Wohnung zu lagern und zu laden.

Der Experten-Tipp, die dafür vorgesehenen Abstellräume zum Aufladen des Pedelecs zu nutzen, klingt gut. Doch was ist, wenn nirgendwo im Haus eine adäquate Lagerstätte mit Ladevorrichtung vorhanden ist? Besonders in vor den 1950ern gebauten Mehrfamilienhäusern finden sich selten gut erreichbare Fahrradkeller – geschweige denn Abstellräume mit Lademöglichkeiten. Aber müssen nicht Vermieter ihren Mietern solche Räume zur Verfügung stellen? Was sagt der Gesetzgeber dazu? Gibt es überhaupt schon Vorschriften, die das Laden von E-Bikes in Mietshäusern regeln? Und wie viele Stellplätze für Fahrräder müssen Hauseigentümer ihren Mietern überhaupt zur Verfügung stellen? Eine Bestandsaufnahme.

Was muss da sein?

Seit den 1990er Jahren wurde in immer mehr Bundesländern in den sogenannten Landesbauordnungen (LBO) festgelegt, dass bei neu zu errichtenden Mehrparteienhäusern ausreichend Platz zum Abstellen von Fahrrädern geschaffen werden muss. Die Formulierungen, in welchem Ausmaß Plätze zu schaffen seien bzw. wie diese konkret auszusehen haben, unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Dies hat besonders dann eine Bedeutung, wenn es um die Schaffung von Abstellplätzen außerhalb des Hauses geht. Aber dazu im weiteren Verlauf mehr.

Grundsätzlich fordert die LBO jedes Bundeslandes bei der Errichtung einer Wohneinheit für mehr als zwei Parteien ausreichend Abstellplätze für Fahrräder, Kinderwagen, Rollstühle etc. pro Wohnung. Dass diese für die Bewohner leicht zugänglich und in zumutbarer Entfernung zum Haus liegen müssen, ist Bestandteil aller LBO. Ein dunkler Verschlag am Absatz einer gefühlt endlosen Kellertreppe reicht also nicht aus. In den meisten LBO werden vorgeschriebene Stellplätze nicht als explizit für Fahrräder vorgesehen benannt. Meist wird die erforderliche Fläche für Kinderwagen, Rollstühle, Fahrräder etc. freigegeben. Aber fordern die LBO auch eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen? In der Ausformulierung der Gesetzestexte über die Anzahl der zu schaffenden Abstellplätze für Fahrräder wird die LBO in Baden-Württemberg am deutlichsten. Hier heißt es in § 35(4): „Für jede Wohnung sind zwei wettergeschützte Fahrradstellplätze herzustellen (…), es sei denn, diese sind nach Art, Größe oder Lage der Wohnung nicht oder nicht in dieser Anzahl erforderlich.“

Wie müssen Stellplätze fürs Rad aussehen?

Dezidierte Fahrradabstellplätze fordert auch die sächsische LBO (§ 49(1)), in der es heißt: „Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind für Wohngebäude mit mehr als sechs Wohneinheiten zu schaffen sowie für Sonderbauten, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr von Fahrrädern zu erwarten ist.“ Einfache Abstellflächen reichen hier also nicht aus. Interessant wird es, wie gemäß der unterschiedlichen LBO ein Fahrradabstellplatz auszusehen hat. Auch hier geht Baden-Württemberg einen Schritt voraus und setzt fest, dass ein Fahrradstellplatz „wettergeschützt“ (§ 35(4)) zu sein hat, was im Grunde als Vorgabe für eine Fahrradgarage interpretiert werden kann.

Auch die Vorgaben der Brandenburger LBO definieren einen Fahrradstellplatz als „wettergeschützt“. Dies kann ebenfalls als Vorgabe für Fahrradgaragen ausgelegt werden.

In Hamburg wird Fahrradstellplätzen ein klarer Vorrang gegenüber Kfz-Stellplätzen gegeben. So sind „die Unterbringung von Kinderspielflächen sowie von notwendigen Fahrradplätzen auf dem Grundstück vorrangig vor der Unterbringung von Stellplätzen“.
Fassen wir zusammen: Die Landesbauordnungen aller Bundesländer fordern bei Neubauten, dass Stellplätze, unter anderem für Fahrräder, geschaffen werden. In der Ausformulierung der Bauvorschriften, wie diese Stellplätze auszusehen haben und ob sie ausschließlich für Fahrräder vorgesehen sind, gibt es in den LBO der Bundesländer teils Unterschiede. Als aktueller „Musterschüler“ im Hinblick auf eine fahrradfreundliche Bauordnung darf Baden-Württemberg bezeichnet werden.

Und was ist mit E-Bikes?

In den kommenden Jahren werden Fahrräder als ernstzunehmendes Verkehrsmittel und als klimaneutrale Alternative zu immer mehr privat betriebenen PKW – besonders in Metropolen – eine immer wichtigere Rolle spielen. Eine gute Grundlage für den Ausbau einer fahrradfreundlichen Infrastruktur ist das gesetzlich geregelte Vorhandensein von Abstellflächen in oder um den privaten Wohnraum. Doch seit einigen Jahren hat sich Elektromobilität aus einem Liebhaber-Sujet tapfer in den verkehrspolitischen Mainstream gekämpft. E-Scooter und Pedelecs verkaufen sich, so darf man salopp sagen, wie geschnitten Brot und selbst das Corona-Pandemie-Jahr 2020 konnte diesen Trend nicht stoppen. Ganz im Gegenteil: Laut dem Zweirad-Industrie-Verband wurden alleine in Deutschland im zurückliegenden Jahr insgesamt 1,95 Millionen E-Bikes verkauft – für 2021 ist die Tendenz weiter steigend.

Aber wo sollen all diese E-Bikes aufgeladen werden, wenn deren Besitzer in Mehrfamilienhäusern wohnen, in denen keine eigene Garage oder ein Abstellraum mit Stromanschluss zur Verfügung steht? Selbst wenn viele Landesbauordnungen die Schaffung von Fahrradabstellplätzen fordern, bleibt die Frage offen, ob damit auch die nötige Ladeinfrastruktur für Pedelecs geschaffen wird.

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Im Mietshaus droht Ärger

Kommen wir nun zur schlechten Nachricht: Eine valide gesetzliche Regelung, was die Installation für Pedelec-Lademöglichkeiten, etwa in Fahrradgaragen- und kellern betrifft, existiert zwar seit kurzem. Es wird aber noch eine Weile dauern, bis die in Mietshäusern lebenden Pedelec-Fahrer daraus wirklich einen Nutzen ziehen können. Doch dazu gleich mehr.

Aktuell gilt, dass das Aufladen eines E-Bikes, etwa im Fahrradkeller eines Mietshauses, immer eine Frage von Absprachen ist und eine möglichst gute Kommunikation zwischen Fahrradhaltern, den Immobilieneigentümern sowie den übrigen Mietparteien im Haus voraussetzt. Der Eigentümer-Verband „Wohnen im Eigentum: Die Wohneigentümer e. V.“ rät daher, dass die Eigentümergemeinschaft eine gemeinsame Lösung beschließt, wie das Aufladen eines Pedelecs durch Gemeinschaftsstrom abzurechnen ist. Ansonsten drohe eine Menge Ärger, denn wer möchte schon den Strom für das E-Bike des Nachbarn mitbezahlen? „Zu Konflikten mit anderen Mietparteien kann es nicht kommen, da diese nicht an den Stromkosten beteiligt werden dürfen“, ist sich Dr. Jutta Hartmann vom „Deutschen Mieterbund e. V.“ sicher und ergänzt: „Die Aufladekosten dürfen nicht in die umlagefähigen Stromkosten für die Treppenhausbeleuchtung einfließen.“

Der Vermieter müsste eine Regelung mit den E-Bike-Fahrern treffen, um Streitereien zu verhindern. Hier gäbe es laut der Pressesprecherin keine festen Vorgaben: „Denkbar wäre ein Pauschalpreis“, schlägt Hartmann vor. Die anfallenden Stromkosten könnten in diesem Zusammenhang kaum ein Hindernisgrund sein: „Bei einem Strompreis von 30 Cent je kWh und einer Akku-Kapazität von 500 Wattstunden entstehen Stromkosten von 15 Cent je Ladung“, sagt die Pressesprecherin. Doch könnten all diese Konflikte nicht schon im Vorfeld vermieden werden, wenn allen Mietern bzw. Wohnungseigentümern in einem Mehrparteienhaus ausreichend eigene Lademöglichkeiten in der unmittelbaren Umgebung der Fahrradabstellplätze zur Verfügung stehen würden?

Neues Gesetz macht Hoffnung

Anfang Dezember 2020 hat die Bundesregierung ein Gesetz beschlossen, das Pedelec-Besitzern Hoffnung auf einen eigenen Ladeanschluss im Fahrradkeller ihres Mietshauses gewährt. Dem Gesetz entsprechend sollen zukünftig Mieter bei ihrem Vermieter Anspruch auf eine Ladestation für ein elektronisches Fahrzeug geltend machen können. Wenn in der Folge von dazu nötigen Umbaumaßnahmen keine schwerwiegende Schädigung der Bausubstanz des jeweiligen Gebäudes zu befürchten ist, können Eigentümer die Bitte ihres Mieters nicht abschlagen.

Für Wohnungseigentümer in einer Eigentümergemeinschaft ergibt sich darüber hinaus die Möglichkeit, auch ohne Zustimmung der anderen Eigentümer-Parteien einen Ladeanschluss an den zur Wohnung gehörenden Abstellflächen zu installieren: „Diese Maßnahmen bedürfen künftig nicht mehr der Zustimmung aller Wohnungseigentümer“, heißt es in dem Gesetz, das Teil einer Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) darstellt. Ein für Pedelec-Besitzer wichtiger Punkt ist die Frage, welche elektrisch betriebenen Fahrzeuge dieses neue Gesetz überhaupt meint? Haben am Ende nur E-Auto-Besitzer einen Nutzen von der Gesetzesnovelle und E-Biker schauen in die sprichwörtliche Röhre? Wie ist das Gesetz zu verstehen?

„Wichtig ist dabei, dass der Gesetzgeber den Begriff des Fahrzeugs weit und über die Begrifflichkeit des Elektromobilitätsgesetzes hinausgehend definiert: Erfasst sind auch (elektrisch betriebene) Zweiräder“, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Elmar Bickert. Der Experte für Baurecht, der das Blog forumnachhaltigeimmobilien.com betreibt, ist sich sicher, dass nicht nur E-Auto-Besitzer von dem im vergangenen Jahr beschlossenen Gesetz profitieren werden: „Soweit bauliche Veränderungen für die Schaffung von Lademöglichkeiten erforderlich sind, kann die Reform tatsächlich auch die Ladeinfrastruktur für E-Biker in deutschen Mietshäusern und Wohnungseigentumsgemeinschaften verbessern.“

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