Regenjacken für Radfahrer im Test: Leicht und wasserdicht

Fahrspaß im Regen: Mit der richtigen Jacke!

Regenjacken für Radfahrer im Test: Leicht und wasserdicht

Im abgedroschenen Spruch steckt ein wahrer Kern: „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung“. Aber das Angebot ist riesig – wer wird mit welcher Regenjacke glücklich? Das haben wir mit zwölf leichten Modellen ausprobiert.
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Ein Blick aus dem Fenster und die Motivation, das Haus zu verlassen tendiert gegen null. Wer hat schon Lust, sich bei Regen im Freien zu tummeln? Aber manchmal führt kein Weg daran vorbei: Die Radtour mit Freunden ist fest eingeplant, Präsenzpflicht statt Homeoffice in vielen Unternehmen, das Kind muss zur Kita. Für Radfahrer gibt es viele Gründe, warum sie gerade unbedingt in den Sattel steigen müssen, ohne Rücksicht auf die Wetterlage. Da ist man natürlich froh, wenn im Schrank die passende Kleidung wartet. Das wetterfeste Angebot reicht von Überschuhen, Helmüberzügen und Handschuhen über Hosen und Jacken bis hin zum ganzen Overall. Für leichten Regen oder lediglich kurze „Pflichtfahrten“ genügt oftmals eine Regenjacke, die in den meisten Fällen mit Kapuze auch den Kopf trocken hält. Auch hier ist die Auswahl riesig, genauso die Preisspanne, innerhalb derer Regenjacken angeboten werden.

Für unsere Übersicht haben wir in erster Linie eher leichte Regenjacken bestellt und begutachtet. Eines vorneweg: Wir haben die Jacken angeschaut, angefasst und angezogen. Wir haben jede in der Praxis ausprobiert, um das Tragegefühl zu erspüren und die Funktionalität zu checken. Aber wir waren nicht im Labor, um den Widerstand gegen Wasser und Wind oder die Atmungsaktivität zu messen.

Kompakt für den Notfall

Leichte Regenjacken – auch unter dieser Definition ergibt sich ein breites Spektrum. Im Testfeld sind wirklich extrem leichte Modelle vertreten, die sich bestens eignen, um im Notfall eine Jacke griffbereit zu haben. Jacken, die selbst in der Trikot- oder einer kleinen Bauchtasche bequem Platz finden, wenn man zu einer frühlingshaften oder sommerlichen Radtour aufbricht und für den Fall eines Falles nicht ganz ohne Schutz dastehen will.

Oder wenn man aus gleichem Grund als Rennradler oder Mountainbiker eine kompakte Jacke ins Trikot steckt. Vielleicht auch nur, um nach einem schweißtreibenden Anstieg nicht ohne Windschutz in die folgende Abfahrt zu gehen. Beispiele hierfür sind die Modelle von BBB Cycling und Rose, die sogar auf eine Kapuze verzichten. Auch die leichte Jacke von Schöffel fällt in diese Kategorie. Sie ist wesentlich aufwändiger gemacht und mit einer Kapuze versehen, aber Schöffel hat hier bewusst nur bestimmte Bereiche wasserdicht gemacht, an anderen Stellen größeren Wert auf Elastizität und Winddichtheit gelegt. Solche Modelle decken perfekt die geschilderten Einsatzzwecke ab, sind aber sicherlich nicht erste Wahl, wenn eine Fahrt mit dem Rad durch stärkeren Regen ansteht.

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Regenjacken für Radfahrer: Entspannt oder sportlich

Grundsätzlich sollte man sich fragen, welchem Zweck die Regenjacke dienen soll. Ist es die entspannte Fahrt im Alltag oder tritt man regelmäßig auch dynamisch-sportlicher in die Pedale? Im ersten Fall können Faktoren wie Belüftung oder Atmungsaktivität weniger stark gewichtet werden. Und der Geldbeutel wird gleich weniger stark belastet, wenn die Jacke nicht so aufwändig gefertigt ist oder auf eine Funktionsmembran verzichtet wird. Je mehr man sich anstrengt, desto heißer und feuchter wird das Klima unter der Jacke und desto besser muss diese Feuchtigkeit nach außen transportiert werden. Eine Membran – unter den Testmodellen sind 2- oder 2,5-lagige Verarbeitungsweisen vertreten – lässt Feuchtigkeit nur in einer Richtung durch. Regenwasser kann nicht eindringen, Feuchtigkeit sehr wohl nach außen gelangen. Dazu kommt meist eine Beschichtung der Oberfläche, die zusätzlich wasserabweisend ist.

Mancher Hersteller verzichtet auf zusätzliche Belüftungsöffnungen, andere kombinieren Membran und Belüftung. Die meisten Jacken ohne Membran „lindern“ die kaum vorhandene Atmungsaktivität durch großzügige Belüftungsöffnungen. Bei allen Jacken gilt: Im Bereich der Schultern platzierte Ventilationsöffnungen sind abgedeckt, damit kein Wasser eindringt, besonders großzügig fallen sie bei Ekoi aus. Für die Luftzufuhr verbergen sich mehr oder weniger lange Öffnungen hinter einem Reißverschluss unter den Armen bzw. Achseln, bei Ziener ist die neben dem Frontreißverschluss platziert. Sie alle werden nur bei Bedarf geöffnet, wenn sich unter der Jacke viel Hitze staut – da ist es schön, wenn die Schlitten der Reißverschlüsse gut zu greifen sind.

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2,5 Lagen ohne Innenfutter

Ein kurzer Blick auf die Membran: Was bedeuten 2 oder 2,5 Lagen bei der Materialbezeichnung? Für den Feuchtigkeitstransport in lediglich einer Richtung ist eine dünne Membran verantwortlich. Bei einigen Systemen lassen deren feine Poren Schweiß und Dampf durch, sind aber zu klein für Wassertropfen. Andere nutzen Membranen ohne Poren, bei denen funktionelle Gruppen im Kunststoff den Wasserdampfaustausch ermöglichen. Diese Membran wird auf die Innenseite des Außenstoffs laminiert. Zum Schutz der Membran wird innen ein zusätzliches Futter – in der Regel ein loses Netz – eingearbeitet. Auf dieses kann beim 2,5-Lagen-Laminat verzichtet werden, da von innen direkt eine dünne Schutzschicht aufgebracht wird. Das spart Gewicht. Über das Maß der Wasserdichtheit und der Atmungsaktivität geben zwei Werte Auskunft. Die sogenannte Wassersäule gibt an, welchem Wasserdruck ein Gewebe standhält, bevor es durchdrungen wird. Laut DIN EN 343 sind Stoffe ab einer Wassersäule von 1300 mm wasserdicht (Klasse 3), hochwertige Regenbekleidung erreicht Werte von bis zu 40.000 mm und ist damit auch bei starkem Regen anhaltend wasserdicht.

Die Atmungsaktivität wird per MVTR-Wert oder RET-Wert angegeben. Der erste ist nicht genormt, er gibt an, wie viel Gramm Wasserdampf binnen 24 Stunden durch einen Quadratmeter Membranfläche verdunsten. Je höher der Wert, desto atmungsaktiver, ab 10.000 g/m2/24h gilt eine Membran als atmungsaktiv. Der genormte RET-Wert dagegen ist mit steigender Atmungsaktivität niedriger, er wird ermittelt, indem der Wasserdampfdurchgangswiderstand der Bekleidung gemessen wird. Unter 6 ist die Atmungsaktivität extrem, 6-13 steht für sehr atmungsaktiv, ab 20 ist ein Stoff nicht mehr atmungsaktiv.

Schwachstellen ausmerzen

Das beste Material hilft nicht, wenn sich dem Regen Schwachstellen bieten. Das können die Nähte ebenso sein wie die Reißverschlüsse. Schwächen, die sich keine unserer Jacken leistet. Die Nähte sind getaped oder verschweißt, die Reißverschlüsse wasserdicht und/oder hinterlegt, oft deckt sogar eine kleine Flappe den Frontreißverschluss ab. Auch etwaig vorhandene Taschen sind an allen Exemplaren per Zipper zu verschließen. Wie bei den Ventilationsöffnungen gilt auch hier: Es ist schön, wenn der Griff am Schlitten des Reißverschlusses gut zu greifen ist, auch mit Handschuhen. Schön ist auch, dass bei wirklich allen Jacken der Schlitten oben in einer sogenannten „Zipper-Garage“ verschwindet. So vermeiden die Hersteller effektiv unangenehme Schmerzen, wenn Haut oder Barthaare eingeklemmt werden.

Bei vielen Regenjacken ist der Schnitt an die typische Haltung auf dem Rad angepasst, die Arme etwas angewinkelt, der Rücken weiter nach unten gezogen. Das ist zum Beispiel bei ­Vaude und Tatonka sehr schön zu erkennen (nicht umsonst haben wir die Jacken auch in der Rückansicht fotografiert). So bleibt der Hintern trocken und sauber, auch wenn man in einer etwas sportlicheren, nach vorne gebeugten Haltung auf dem Rad sitzt.

Praktische Details bei Regenjacken

Wer im Regen im Straßenverkehr unterwegs ist, freut sich über die passive Sicherheit, die reflektierende Stoffe, Prints oder andere Elemente bieten. Mit solchen sind fast alle unsere Jacken ausgestattet, besonders großzügig fallen sie bei der B’Twin aus, wenn man die entsprechende Flappe an der Brust öffnet – übrigens ein weiteres Indiz, dass sich dieses Modell an Pendler und Alltagsradler richtet. Angenehm sind gut sitzende Armbündchen, insbesondere solche, die mit Klett oder Zug angepasst werden können. Beides gilt auch für den unteren Abschluss der Jacke. Die meisten Kapuzen können über den Helm gezogen werden, unserer Erfahrung nach ist das Tragegefühl so angenehmer, als wenn die Kapuze unter dem Helm direkt am Kopf aufliegt. Bei Basil kann sie in zwei Positionen am Kragen fixiert werden, so dass beide Optionen bleiben. Hilfreich ist die Möglichkeit, die Kapuze rund um das Gesicht anzupassen. Im Optimalfall kann man sie am Hinterkopf so fixieren, dass einerseits die Höhe in der Stirn angepasst werden kann, andererseits die Kapuze sich fest an den Helm schmiegt.

Nachhaltigkeit ist Thema

Nachhaltigkeit ist bei vielen Herstellern Thema. Sie nutzen deswegen zum Beispiel recyceltes Polyester zur Fertigung und verzichten explizit auf den Einsatz von Fluorcarbonen (PFC), die lange zur Imprägnierung eingesetzt wurden. Auch Klimaneutralität sowie faire Produktionsbedingungen spielen eine Rolle. Bei der Kaufentscheidung hilft hier der Blick auf die jeweiligen Homepages, auf Etikette und Label, die entsprechende Standards zertifizieren. Bekannte Zertifizierungen sind etwa Bluesign®, Climate Action (klimaneutrales Unternehmen), Fair Wear oder Grüner Knopf. Begrüßenswert ist es, wenn Hersteller einen Reparaturservice anbieten. Einerseits aus Kostengründen natürlich, andererseits vor allem unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Konkret sind das im Fall der vorgestellten Jacken Gonso, Gore, Löffler, Schöffel und Vaude.

Wie so oft muss man auch bei der Wahl der richtigen Regenjacke seine Bedürfnisse kennen und Ansprüche gewichten. Das betrifft das Thema Nachhaltigkeit genauso wie die Abwägung zwischen Preis und Aufwändigkeit der Jacke. Die Auswahl ist groß und wer sich für ein Modell entschieden hat, das seinen Erfordernissen möglichst ideal entspricht, der muss sich die Laune beim Blick aus dem Fenster nicht mehr trüben lassen, auch wenn große Regentropfen an die Scheibe klopfen.

Unser Test: 12 Regenjacken im Überblick

Bitte einfach durch die Galerie klicken! Die Jacken sind nach Preis sortiert.

 

 

 

 

 

 

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