Randonneure, Test, Reiseräder, Kaufberatung

Randonneure 2024 im Test: Sportliche Tourenräder für die Reise

Auf die schnelle Tour

Randonneure 2024 im Test: Sportliche Tourenräder für die Reise

Reiseräder müssen extra viel Gepäck verkraften und die schlechtesten Pisten der Welt bezwingen. Darum sind sie kräftige, schwere Boliden. Stimmt in etwa. Aber nicht für Randonneure. Mit Fokus auf der Straße wollen sie das Reisen leicht und zügig gestalten. Und sind dabei sogar die ursprünglichsten unter den Globetrottern. Die Evolution macht trotzdem nicht vor ihnen Halt.
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Randonneure sind die wahren Reiseradklassiker. Abgeleitet aus Tourenrennrädern und mit dem Rennlenker als ursprünglichem Multifunktionslenker waren sie lange vor den Trekking-Reiserädern in der Welt unterwegs.

Mit den aktuellen Randonneuren haben diese „Urahnen“ aber nur noch wenig gemein. Zu sehr haben sich Technik, Geometrie und Ergonomie verändert – sehr zum Wohl der Reisenden. Was geblieben ist, ist im Grunde die „Rennrad“-Schaltung, mit der sich nach wie vor die Lust am Tempo ausleben lässt. Angepasst an Reiseansprüche, etwa für mehr Berggänge unter Vollbeladung, wurde sie früh und wird sie auch heute noch. Der Rennlenker oder neudeutsch: Dropbar ist eine weitere Konstante. Ansonsten ist festzustellen: Der klassische Randonneur scheint leider doch an den Rand gedrängt zu sein. Zumindest legt das unser Testfeld nahe. Und auch das ist ein Grund für die Entfremdung vom Ursprung.

Randonneure: Schotter-geboren

Dass unsere sieben Testräder von 8bar, Contoura, Norwid, Patria, Poison, Rennstahl und Tout Terrain mehrheitlich auf Gravelbikes basieren, ist nicht nur dem aktuellen Fokus auf diese Sporträder geschuldet, samt Testradverfügbarkeit. Da die Gravelbikes per se als multifunktionale Modelle entstanden sind, als Alternative nicht nur zu einer, sondern gleich zu mehreren Gattungen (Mountainbike, Rennrad, Pendlerrad, …), funktionieren sie als echt vielseitige Konzepte und damit auch als moderne Evolutionsstufe des Reiserades, insbesondere des Randonneurs. Mit Montagepunkten für Gepäckträger, Schutzbleche, Ständer, Licht und Lowrider lassen sich über das angesagte Bikepacking  hinaus recht einfach fast klassische Reisegefährte aufbauen.

Trotzdem wirkt sich der andere Ansatz natürlich auf das Ergebnis aus. So sind die Räder im Schnitt viel agiler, direkter, spritziger. Aber auch leichter – und nicht selten weniger belastbar. Modelle, die mehr über den Gravel-Ansatz kommen, bieten etwa 120 oder 130 Kilogramm Gesamtbelastung. Im Test unter anderem vertreten von Poison und 8bar. Da muss man sich beim Gepäck teils einschränken und will das vielleicht auch, um weiter leicht und sportlich unterwegs zu sein. Mit mehr Reiseradfokus lassen sich dann aber doch Modelle mit robusten 160 kg und mehr an Zuladung realisieren. Da ist das Tout Terrain Blueridge ein passender Vertreter mit dennoch sportlicher Leichtigkeit. Rennstahl vereint dann wieder beide Welten mit mehr Gravel und hoher Zuladung.

Dass viele Räder auf Gravelreifen rollen – nur Patria und Contoura setzen auf reine und 35 Millimeter schlanke Straßenpneus –, ist ein weiteres Indiz für die Herkunft.

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Sportliche Reise-Gangart

Auffällig auch der zentrale Einsatz von Gravelschaltungen. Um ein breites, reisetaugliches Gangspektrum zu erhalten und den Fokus etwas vom Gravelbike wegzuholen, haben wir für den Test auf den Einsatz von Zweifach-Kurbeln bestanden. Eigentlich wollten wir gerne auch auf typische Rennradschaltungen setzen. Das ist uns nur in zwei Fällen, Patria und Rennstahl, gelungen.

Ansonsten kommt, Stichwort Fokus und Verfügbarkeit, Shimanos GRX in Kombination mit 11er oder 12er Kassetten mit aus dem Trekkingsektor bekannter Spreizung von 11 bis 32, 34 oder 36 Zähnen zum Einsatz. Multipliziert mit 46/30 oder 48/31 Zähnen der Kurbel ergeben sich moderat sportliche Übersetzungen, aber mit teils steigungstauglichen leicht untersetzten Gängen, wenn auch nicht in dem Maß der 3x-Kettenschaltungen von Trekkingrädern.

Am Steuer bleibt der bei Gravelbikes sinnvolle und beliebte seitlich ausgestellte Lenker in der Minderheit, ist aber bei Herstellern wie Poison, Patria oder Tout Terrain konfigurierbar. Die Lenker sind also eher gerade und haben damit die eher bekannte, etwas schlankere Rennradform. Wenn sie, wie am Norwid, einen abgeflachten Oberlenker bieten, sind die Dropbars auch dort angenehm ergonomische Handablagen. Ein Vorteil gerade auf schlechten Pisten und auf Dauer angenehmer, entspannter zu greifen als ein dünnes Rundrohr. Den besten Lenker bietet Rennstahl. Unabhängig von der gespreizten Breite bietet er mit leichtem Rise und engen Bögen eine herausragende Ergonomie. Dazu kommen noch ein gut dämpfendes, griffiges Lenkerband und darunter liegende Gelpads. Beides immer eine gute Empfehlung und im Test leider nicht durchgängig genutzt.

Dreimal Empfehlung

Im Gesamteindruck kristallisieren sich drei Räder als Empfehlung heraus: Das Contoura Fe-14, das Norwid Mandö und das Tout Terrain Blueridge GT. Ihre Fahreigenschaften unterscheiden sich klar, aber in sich sind sie sehr stimmig getrimmt. Bei den beiden Letztgenannten kommt dazu eine sehr feine Rahmenverarbeitung mit schönen Details. Hinzu kommt eine allgemein sehr harmonische Abstimmung auch in Bezug auf die Komponenten. Die Züge und Leitungen sind schön gefällig verlegt. Dazu kommen gute Gewichte und gute Zulademöglichkeiten. Dass das Contoura als „Gutes“ Rad auch unsere Empfehlung erhält, verdankt es seinem direkten Fahrverhalten, seiner sportlichen Straffheit und gelungen Abstimmung. Die Note „Gut“ resultiert vielmehr aus fehlendem Zulademöglichkeiten ohne Lowrider und mit niedrigem Systemgewicht. Es ist aber auch gleichzeitig das mit Abstand günstigste Rad im Test. Die übrigen Räder staffeln sich grob in weiteren Tausenderschritten bis knapp 6000 Euro.

Während das Norwid ein quirliger Graveler ist, ist das Contoura zwar noch wuseliger, aber mit deutlich mehr Straßenausrichtung. Das Tout Terrain ist von den dreien das ruhigere, findet sich aber problemlos auf und abseits von Straßen zurecht.

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Anstiege, sofern nicht zu steil, sind dank Gravelschaltungen auch mit Tourengepäck entspannt zu meistern

Durchweg hohe Qualität

Dahinter reihen sich die übrigen vier Räder ein. Der Unterschied sind teils nur Marginalien, sowohl technisch als auch beim Resultat. Es gibt daher keine schlechten Räder in diesem Test. Selbst der Schritt von Sehr gut zu Gut liegt an Details. Zwar auch in den Fahreigenschaften, entscheidend sind aber auch ein fehlender Ständer, geringere Zuladung, mehr Gewicht, weniger Komfort und anderes. Manches bewerten andere Betrachter vielleicht anders für sich und die eigenen Umstände und Anforderungen und haben so genau das passende Rad vor sich. Schließlich muss sich mit den Testrädern niemand grämen. Wir haben es insgesamt mit sehr hochwertigen Rädern mit top Verarbeitungen und verlässlicher Ausstattung zu tun.

Der Graveltrend ist auch im Reiseradbereich unübersehbar. Wer aber doch lieber etwas Klassischeres sucht, einen kultivierten, zügigen, schlanken, klassischen Randonneur vielleicht, der wird auch fündig, muss aber vielleicht länger suchen. Eine Lösung sind dann Anbieter wie Poison, Tout Terrain und Rennstahl, bei denn man sich ein Rad auch weitgehend selbst konfigurieren kann. Manufakturen wie Norwid oder Patria können sogar Maßrahmen und Wunschräder umsetzen.

Man kann auf jeden Fall festhalten: Mit dem Erfolg der Gravelbikes lebt auch der Randonneur wieder auf. Wenn auch in moderner Evolutionsstufe, die den Sektor um eine leichte, lebendige Option bereichert. Die bisherige Form muss deswegen ja nicht aussterben.

Diese Randonneure haben wir getestet

Marke Modell Preis Prädikat Bewertung
Contoura Fe-14 2549 Euro Empfehlung 1,8 – Gut
Poison Cyanit 3599 Euro 1,8 – Gut
8bar Mitte Steel V3 3600 Euro 1,9 – Gut
Tout Terrain Blueridge GT Select 3.1 4649 Euro Empfehlung 1,4 – Sehr gut
Norwid Mandö 4681 Euro Empfehlung 1,4 – Sehr gut
Patria Randonneur 28“ 5266 Euro 1,5 – Sehr gut
Rennstahl Randonneur KetteTestbrief 5964 Euro 1,5 – Sehr gut

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