Federstützen im Test – für mehr Komfort und Fahrspaß auf dem Rad

Federstützen: Einfach mal FEDERN lassen!

Federstützen im Test – für mehr Komfort und Fahrspaß auf dem Rad

Stöße und Vibrationen schaden Körper und Fahrspaß. Doch wie minimiert man diese am besten und auf was muss man achten? Wir testen sechzehn aktuelle Federstützen in Labor und Praxis auf ihre Tauglichkeit.
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Im Sitzen lasten im Trekkingbereich laut einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln bis zu 70 Prozent des Körpergewichts auf dem Sattel. Bei Radfahrern, die bis zu vier Stunden pro Woche im Sattel verbringen, bekommen die meisten Probleme mit dem Gesäß. Vielfahrer dagegen leiden unter Problemen im Bereich des Rückens und dort vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule. Zudem gaben die Teilnehmer an, einen höheren Komfort zu spüren, wenn die Stütze fachmännisch eingestellt und montiert wurde. Ist diese perfekt justiert, kann sie die Belastung um bis zu zwei Drittel reduzieren! Wer hohen Komfort sucht, braucht also in erster Linie keine Federgabel, sondern eine Federstütze und einen guten Rundumservice. In der Praxis sind viele Federstützen in Kompletträdern oft eher billiger Natur und in der Funktion dürftig. Das ist der knappen Kalkulation geschuldet. Wechselt man auf ein hochwertiges Modell, so ist der Unterschied teils gewaltig. Soviel sei vorab verraten: Selbst die günstigen Stützen brachten meist deutlich bessere Komforteigenschaften.

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Wirkprinzip von Federstützen

Trifft das Hinterrad auf ein Hindernis, wird es auf einer Kreisbahn um die Vorderradachse zuerst nach oben und dann nach vorne-oben bewegt. Betrachtet man den Oberkörper, so fällt auf, dass die Stoßrichtung quasi in der Wirbelsäule liegt. Das erklärt, warum Parallelogrammstützen in der Regel eine bessere Komfortwirkung entfachen als Teleskopstützen. Der Grund: Über die Parallelogrammtechnik ähnelt die Einfederkurve sehr stark der Stoßkurve. Bei einer Teleskopstütze stützt sich der Oberkörper auf der Stütze etwa mit einem Winkel von 120 bis 160 Grad ab. Die Mechanik wird so nicht in Federrichtung, sondern schräg beansprucht und kann verkanten. Generell gilt: Umso höher das Fahrer gewicht und umso aufrechter die Sitzposition, desto besser arbeitet eine Federstütze, weil die mechanischen Widerstände leichter überwunden werden.

Vor- und Nachteile der Bauarten

Die positiven Attribute einer Teleskopstütze sind in der Regel eine dezente Optik, eine geringe Aufbauhöhe, eine feinere Justierbarkeit, ein geringeres Gewicht und ein günstiger Preis. Die Nachteile sind die Sattelhöhenänderung beim Einfedern, ein schlechteres Ansprechverhalten durch die schräge Stoßeinwirkung, mehr Spiel am Sattel sowie der höhere Pflegeaufwand. Parallelogrammstützen bieten ein tolles Ansprechverhalten, mehr Komfort, eine geringe Sattelhöhenänderung, weniger Sattelspiel sowie bessere Pflege- und Wartungsintervalle. Bei den Nachteilen sind das meist höhere Gewicht, die aufwendige und dadurch teurere Konstruktion, die Verlängerung der Sitzposition nach hinten, die klobige Optik, eine hohe Aufbauhöhe und das stärkere Wippen beim Treten zu nennen.

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Welche Federstütze passt für wen?

Wer Probleme mit dem Rücken hat, eine sportliche Sitzposition fährt, ein geringes Gewicht aufweist oder maximalen Komfort sucht, der ist mit einer Parallelogrammstütze gut bedient. Sie sitzen sehr aufrecht und statisch auf dem Sattel, suchen eine sportive, wenig wippende Funktion? Dann ist eine Teleskopstütze das Richtige.

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Der Test der Federstützen im Überblick

Aufbauhöhe: weniger Federweg gleich geringere Aufbauhöhe. Umso geringer die Aufbauhöhe, desto eher passt die Stütze auch in kleine Räder. Parallelogrammstützen bauen bei gleichem Federweg höher. Extreme Ausnahme: Das Blattfederprinzip bei Canyon braucht konstruktionsbedingt viel Bauhöhe, bietet aber nur maximal 20 Millimeter Federweg.

Federweg: Im Test reichen die Werte von 20 (Canyon) bis zu 76 Millimeter (CaneCreek TB LT). Im Alltag, auf der Straße und bei sehr sportlichem Einsatz empfiehlt sich eher weniger Federweg. Wer allerdings Probleme am Gesäß oder der Wirbelsäule besitzt oder im Gelände unterwegs ist, profitiert von viel Federweg.

Federmedium: Die meisten Federstützen besitzen Stahlfedern. Diese sprechen exzellent an, sind dauerschwingfest, temperaturunempfindlich, bieten eine lineare Kennlinie, sind wartungsarm. Die Kehrseite: hohes Gewicht, Korrosion und keine Dämpfung. Elastomere hingegen sind leicht, korrosionsunempfindlich, bieten eine gewisse Eigendämpfung, sind wartungsarm und meist preiswert. Die Nachteile sind die Progressivität zum Ende des Federwegs sowie die Temperaturanfälligkeit, vor allem bei Kälte.

Federhärte: Zum Anpassen des Fahrergewichts müssen die Federelemente getauscht werden. CaneCreek bietet bei der LT-Variante ganze 9 Härtegrade. Airwings EB II, By.Schulz und die CaneCreek Thudbuster ST immerhin 5.

WICHTIG: Zur Abstimmung sollte man sich inklusive Ausstattung – gegebenenfalls mit Rucksack – wiegen. Sonst liegen zwischen Nackt- und Vollausstattung gleich mal 10 bis 15 Kilogramm.

Stützenversatz/Offset: Gemessen wird von der Mitte des Rohres bis zur Mitte der Sattelklemmung. Umso größer der Wert, desto weiter wandert der Sattel nach hinten.

Sattelklemmung: Hier betrachten wir den Verstellweg, die Sattelgestellführung sowie den Verstellwinkel der Federstützen. Beim Verstellweg kommt es auf die obere Klemmschelle an, weil diese durch die Biegung des Sattelgestells limitiert wird. Schmaler ist hier also besser. Sehr gute Werte bieten Airwings, Canyon, Ergotec SP-5.0 und Rose. Limitiert sind Contec, Ergotec SP-10.0 und SP705N sowie SR Suntour. Beim Blick auf die untere Gestellführung gilt: Ist diese zu kurz, kann das Gestell bei hoher Belastung nach unten biegen. Topwerte bieten Airwings, By.Schulz und vor allem Ergotec SP-10.0. Zu geringe Unterstützung bieten Rose und XLC. Beim Verstellwinkel geht es darum, dass die Satteldecke immer parallel zum Boden ausgerichtet werden kann, was bei allen Stützen gegeben ist. Herausragende Werte bieten SR Suntour und M-Wave. Aus dem Raster fällt Canyon: Diese Stütze muss zum Verstellen ausgebaut werden, da die Fixierschraube der Blattfedern am unteren Stützenende sitzt.

Lagerung: Es kommen Gleitlager und Kugellager zum Einsatz. Gleitlager gibt es in günstiger und sehr teurer Ausführung. Die hochwertigsten Modelle finden sich bei By.Schulz und CaneCreek. Eine aufwändige Linearkugellagerung stellt Airwings her.

Lagerspiel: Fast jede Sattelstütze hat etwas Spiel in Federrichtung oder zur Seite, wobei die breit abgestützten Gelenke der Parallelogrammstützen am wenigsten bis kein Spiel aufweisen. Bei den Teleskopstützen kann das Spiel einzig bei der Airwings Expleto nachjustiert werden. Generell ist anzumerken, dass im unbelasteten Zustand leicht spürbares Spiel in der Praxis beim Fahren fast nicht spürbar ist, weil die Federbewegung der Stütze und die Rotation des Beckens über dem Sattel beim Treten weitaus stärker ausfallen.

Montage: Jochklemmen sind meist umständlich und fummelig zu montieren. Perfekt gelingt die Montage bei By.Schulz, SR Suntour und XLC. Aber auch Canyon und Rose überzeugen.

Pflege und Service ist wichtig!

Parallelogrammstützen sind in der Regel wartungsärmer. Die Führung von Teleskopstützen sollte regelmäßig gereinigt und geschmiert werden, um eine dauerhaft gute Funktion zu gewährleisten.

So haben wir getestet

Um die Federstützen in der Praxis vergleichen zu können, wurde ein Trekkingrad-spezifischer Rundkurs über Teer, feinem Radwegschotter, gröberem Waldwegschotter, leichtem Waldweg und Kopfsteinpflaster befahren. Alle Stützen wurden via Stahlfeder oder Elastomer auf das Testfahrergewicht angepasst. Die Sattelhöhe sowie der Versatz zum Tretlager wurden berücksichtigt. Das Testrad war ein ungefedertes Trekkingrad mit Starrgabel, die Sitzposition dazu fiel weder sportlich noch aufrecht aus. Die Reifen wurden mit hohem Druck befüllt, damit die Stützen mehr arbeiten mussten.

Federstützen im Test: Das Fazit

Als Resümee muss man sagen: eine hochwertige Federstütze hebt den Komfort am Rad enorm und mindert Stöße wirkungsvoll und spürbar. Das Schöne: Schlechte Stützen gibt es im Test nicht. Die Hausaufgaben haben also alle Hersteller gut gemacht. Wer maximalen Komfort will, kommt an einer Parallelogrammstütze nicht vorbei. Hier bietet SR-Suntour das beste Preis-Leistungsverhältniss. Den Testsieg holen sich gleichauf die langhubigen Versionen von By.Schulz und CaneCreek. Bei den Teleskopstützen sieht es wie folgt aus: Die Ergotec SP5.0 ist die eigentliche Überraschung im Test, denn sie ist die günstigste Stütze und bietet dabei guten Komfort. Das bringt den Preis-Leistungstipp. Testsieger ist die Airwings Comfort 1Plus. Kontrovers diskutiert und mit Extremen behaftet, ist die Canyon VCLS 2.0 CF, vor allem für sportive Fahrer die Empfehlung schlechthin.

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Tipps & Tricks

  • MONTAGEPASTE: Bei der Montage in Alu-, Stahl- und Titanrahmen empfehlen wir die Verwendung klassischer Montagepaste, um die Komponenten vor Kontaktkorrosion zu schützen. Bei Carbonrahmen und -stützen Carbonmontagepaste verwenden
  • PFLEGEFETT: Im Radalltag werden Federstützen stark belastet. Eine regelmäßige Wartung der Lager bei Teleskopstützen wird daher dringend empfohlen. Schrecken Sie nicht davor zurück – der Aufwand ist überschaubar und rechnet sich auf jeden Fall.
  • PFLEGESPRAY: Wenn die Stütze muckt oder quietscht sind Funktionseinbußen zu erwarten. Oft hilft ein wenig Federgabelöl auf den betroffenen Stellen, um der Stütze sofort und spürbar zur alten Stärke zu verhelfen. Tipp: Federgabelpflegespray nutzen.
  • DREHMOMENT: Die Sattelstütze ist ein sicherheitsrelevantes Bauteil. Daher sollten alle Schrauben nach der Montage von Stütze und Sattel mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden. Passende Modelle gibt es schon ab etwa 50 Euro im Fachhandel.

Die getesteten Hersteller im Überblick:

Den vollständigen Test mit allen Ergebnissen gibts in der aktiv Radfahren 9-10/2018 nachzulesen!

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