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Bosch eBike ABS: Antiblockiersystem für das E-Bike im Test

Wirklich sturzsicher?

Bosch eBike ABS: Antiblockiersystem für das E-Bike im Test

Im Juli 2022 präsentierte Bosch die zweite Generation seines Antiblockiersystems für E-Bikes. Kompakter verbaut als sein Vorgänger und in unterschiedliche ABS-Modi weiterentwickelt, ist das Sicherheitssystem jetzt auch gezielt für den Offroad-Einsatz ausgereift.
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Das Bestreben von Bosch eBike Systems ist seit jeher, neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung seiner Elektromotoren auch beim Thema Sicherheit ganz vorne mitzuspielen. Besser gesagt: zu entwickeln. Fiel das ab 2018 erste weltweit an Pedelecs verbaute ABS optisch vor allem durch seine klobige Steuereinheit unterhalb des Lenkers auf, war auch das Pulsieren des Bremshebels gewöhnungsbedürftig. In Summe 800 Gramm auf die Waage bringend, wurde die schwäbische Innovation ausschließlich an City- und Trekkingbikes verbaut. Seinen Ursprung hatte die Entwicklung des Bosch eBike ABS bereits 2012 gefunden. Schnell wurde aber klar: Am Markt durchsetzen würde sich die Technologie deutlich langsamer als erwartet. Obgleich Bosch im Vorfeld zwei Unfallstudien angestellt hatte – mit dem Ergebnis, dass bei jedem fünften untersuchten Crash der Sturz schon vor der eigentlichen Kollision passiert war. Außerdem wäre von 5400 untersuchten Fahrradkollisionen und -stürzen jeder vierte mit einem ABS vermeidbar gewesen.

War das Antiblockiersystem der ersten Generation noch nicht für den E-MTB-Einsatz spezifiziert, so ist Boschs neues, auf Basis von Motorrad-Technologie entwickeltes, eBike ABS mit speziellem Trail-Modus bewusst auf diesen Grenzbereich hin ausgefeilt worden. Frei nach dem Motto: Was den Belastungen im Gelände standhält, wird auch auf moderaten Schotterpisten und Asphalt einen verlässlichen Job machen. Auch diese Informationen aus einer Vielzahl von Vorab-Gesprächen machen uns immer neugieriger auf das überarbeitete System. Wird also Zeit, dass wir uns mit einem E-MTB-Fully auf den anspruchsvollen Isartrails austoben und auch in gemäßigterem Terrain die schwäbische Bremsassistenz-Technologie ob ihrer verlässlichen Sicherheitsfunktion bei abrupten Bremsmanövern intensiv austesten.

 

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Erster Blick aufs Bosch eBike ABS: Unauffällige Montage

Erstmals davor stehend, brauchen wir tatsächlich einen Moment, bis wir das Steuergerät am linken Gabelholm montiert finden. Im Vergleich zum Vorgänger ist es stolze 77 Prozent kleiner sowie 55 Prozent leichter und fügt sich durch die Integration in das Gesamtsystem nahezu unauffällig ins Bike-Design ein.

Von den vier zur Verfügung stehenden ABS-Modi, die je auf die Bremsanforderungen unterschiedlicher E-Bike-Typen und Untergründe ausgelegt sind, wählen wir zum Start den Allroad-Modus für Fahrten im leichten Gelände.

Während der Fahrt in den auf anspruchsvolle Trails ausgelegten sportiven Trail-Modus gewechselt wird über die eBike Flow App oder das Kiox 300-Display als Bestandteil des Bosch Smart-Systems. Im Cockpit deutet allenfalls der etwas ausladende Mehrfinger-Bremshebel der Magura MT C ABS-Bremse auf ein zusätzliches Bike-Bauteil hin. Ansonsten: Alles wie gewohnt, alles aufgeräumt – los geht’s!

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Zwischen den ABS-Modi für spezielle E-­Bike-Typen kann per App gewechselt werden

Testfahrt: Rasant, aber sicher

Um schnell Vertrauen in das System zu bekommen, ziehen wir die Vorderradbremse nach vorheriger Beschleunigung auf knapp über 25 km/h abrupt an. Vollbremsung also. Und ohne ABS ein sicherer Abflug über den Lenker. Wie gewohnt, packt die Vier-Kolben-Scheibenbremse bissig zu – macht zum Ende hin aber spürbar schrittweise auf, um das Radblockieren zu verhindern. Der Bremsweg wirkt im ersten Moment noch recht lang, relativiert sich aber im Lauf der ersten Bremsmanöver immer mehr im Verhältnis zur vergleichsweise hohen Ausgangsgeschwindigkeit. Auch in leichter Kurvenlage arbeitet das ABS verlässlich. Wir stellen fest: Auf trockenem Asphalt wird ein Blockieren des Vorderrades konsequent vermieden. Auf leicht feuchtem Gehweg sind wir ebenfalls jederzeit Herr der Lage – das System greift erst zum Ende des Bremsvorgangs beherzt und zuverlässig ein.

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Das nur 200 Gramm wiegende Steuermodul von Boschs eBike ABS ist unauffällig am linken Gabelholm montiert und wird durch Sensoren und spezielle Bremsscheiben ergänzt

Spannend nun also, was auf Schotter, Laub und verwurzelten Trails an neuer Sturzsicherheit geboten werden kann. Für versierte E-MTBler wird der Trail-Modus alternativlos sein, vor allem wenn es um das Hinterradversetzen in spitzen Kehren geht. Der Allroad-Modus lässt ein Anlupfen des Hinterrades nicht zu und erweist sich daher für Einsteiger als empfehlenswert.

Unser erster Eindruck auf feuchten und von Laub gesäumten Waldwegen: Das ABS erkennt das anspruchsvolle und mit erhöhter Rutschgefahr behaftete Geläuf sofort – und greift noch früher in den Bremsvorgang ein. Jedoch zu keiner Zeit unangenehm oder gar die Führung übernehmend. Im gesamten Testteam herrscht die einhellige Meinung, dass die Bremsdosierbarkeit nicht auf der Strecke bleibt. Und vor allem unerfahrenen Fahrern die Angst vor einem schmerzhaften Sturz oder Überschlag schnell genommen wird. Egal wie stark der Bremshebel angezogen wird, bei gerader Fahrt bleibt das E-Bike jederzeit voll kontrollierbar.

Königsdisziplin Trailfahrt

Bereit also für die Königsdisziplin: eine rasante Trailfahrt entlang schmaler Pfade, über Wurzeln und Steine. Leichte Nässe macht den Testparcours zusätzlich anspruchsvoller. Durchweg im Trail-Modus unterwegs ist die Bremskraft spürbar erhöht – bei einer Vollbremsung steigt das Hinterrad zügig hoch. Bei spritzigem Tempomachen reguliert das ABS die Schlupfgefahr verlässlich. Verlässt das Vorderrad bei einem Sprung den Boden, kann bereits in der Luft der Bremshebel voll angezogen werden, da nach dem Aufkommen das Vorderrad in der Geschwindigkeit vor dem Abheben weiterrollt – um zwar abrupt, aber sturzfrei im Anschluss zum Stillstand zu kommen.

Einzig in Kurvenlagen bleibt die Wegrutschgefahr des Vorderrades bestehen. Zwar blockiert das Rad hier zuverlässig nicht, gegen ein seitliches Wegrutschen auf steinig-feuchtem Geläuf sichert die ABS-Sensorik allerdings (noch) nicht ab.

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Rasante Abfahrt im holprigen Geläuf: Verhindert das ABS eine Radblockade bei Geradeausfahren zuverlässig, kann das Vorderrad in Schräglagen noch wegrutschen

Bosch eBike ABS im Test – Fazit: Überzeugender Bremshelfer

Im Vergleich zum ABS der ersten Generation hat Bosch mit seiner neuen Version in vielerlei Hinsicht einen großen Schritt nach vorne gemacht. Neben der kleinen und leichten Steuereinheit für minimalistisches Design, ist das zuverlässige Antiblockieren vor allem für Hobby-MTBler oder Tourenfahrer ein Mehrgewinn an Sicherheit. Im Allroad-Modus ist das System deutlich aktiver und greift vorausschauend ein. Es fühlt sich allerdings zu keinem Zeitpunkt so an, als würde das System von selbst bremsen. Boschs eBike ABS überzeugt, weil der Fahrer weiterhin in jeder Fahrsituation die volle Kontrolle hat.


Bosch eBike ABS: Komponenten

  • Kontrolleinheit: Intelligenz und Herzstück des ABS ist an der Gabel montiert.
  • Radgeschwindigkeitssensoren: An Vorder- und Hinterrad auf der Bremsscheibe angebracht, überprüfen sie kontinuierlich die Geschwindigkeit der Laufräder.
  • Kontrollleuchte: Als Bestandteil des Smart Systems zeigt eine separate Kon­trollleuchte an der Bedieneinheit an, ob das ABS funktionsfähig ist. Zu Beginn der Fahrt leuchtet sie zudem kurz auf und zeigt somit die ABS-Funktionalität an.
  • Hydraulische Scheibenbremse: Mehrfinger-Bremshebel, Bremsscheiben sowie Sensorscheiben von Magura an Vorder- und Hinterrad.

Dieser Artikel erschien in der ElektroRad 1/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

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