Schwangerschaft und Radfahren: Gesundheit, Sicherheit, Tipps

Schwanger Rad fahren? Nachgefragt bei einer Expertin

Schwangerschaft und Radfahren: Gesundheit, Sicherheit, Tipps

Eine Schwangerschaft kann den Alltag einer Frau ganz schön durcheinander bringen. Muss jetzt das Rad stehen bleiben oder darf weiter pedaliert werden? Ein Interview mit der Diplom-Psychologin Marion Sulprizio über Gesundheit, Risiken und No-Gos.
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Die Unsicherheit schwangerer Frauen ist groß – besonders beim ersten Mal: Was darf ich jetzt noch und was lasse ich lieber bleiben? Radfahren wird in der Schwangerschaft aber sogar empfohlen, solange bestimmte Punkte berücksichtigt werden. Ein Interview mit der Diplom-Psychologin Marion Sulprizio, die den Arbeitskreis „Sport und Schwangerschaft“ an der Deutschen Sporthochschule Köln leitet.

Frau Sulprizio, warum wird Radfahren in der Schwangerschaft empfohlen?

Alle Ausdauersportarten sind ideal für die Zeit der Schwangerschaft: Das Herz-Kreislauf-System wird aktiviert, Ausdauersport wirkt Schwangerschaftsdiabetes, Übelkeit, Bluthochdruck sowie Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) entgegen und hält fit, was für den positiven Verlauf einer Schwangerschaft generell wichtig ist. Radfahren ist ideal, weil es niedrigschwellig ist, das kann quasi jede. Die Bewegung an der frischen Luft ist ideal und stärkt das Immunsystem. Auch die Auswirkungen auf die Psyche sind nicht zu unterschätzen! Wer Rad fährt, erlebt eine hohe Selbstwirksamkeit, also das Gefühl, dass man noch etwas schaffen kann. Viele Schwangere leiden außerdem unter Stimmungsschwankungen, machen sich Sorgen bis hin zur Depressivität. Auch dagegen kann Radfahren perfekt wirken.

Auch mit Bauch sicher unterwegs

Kann Radfahren nicht gefährlich sein?

Ja, ein Sturz wäre dramatisch. Aber generell ist die Verletzungsgefahr beim Radfahren gering. Weil durch die Hormonveränderungen die Bänder und Sehnen weicher werden, können Schwangere beispielsweise beim Laufen schneller umknicken, diese Gefahr besteht beim Radfahren nicht. Aber natürlich ist das Thema Sicherheit wichtig. Wir empfehlen moderaten Sport, das heißt keine Rennen und keine Trails mit dem Mountainbike, sondern eher entspannte Touren mit dem Fahrrad. In der Regel merken das die Frauen selbst, reduzieren die Geschwindigkeit oder fahren noch achtsamer als zuvor.

Lautet das Rezept: „dem eigenen Gefühl folgen“?

Leider lässt sich das so pauschal nicht beantworten. Für viele Frauen gilt das, sie erleben ein höheres Sicherheitsempfinden, sind dadurch vorsichtiger und halten sich speziell an den Tagen zurück, an denen es zwickt und zwackt. Leistungssportlerinnen tun sich damit oft schwerer, weil sie es gewohnt sind, über Grenzen zu gehen und kein gutes Gespür für ihr eigenes Limit haben. Sie sollten sich beraten lassen. Und dann gibt es auch potentielle Komplikationen, die man gar nicht merken kann. So ist zum Beispiel Höhenluft über 2500 Meter unproblematisch für die Schwangere, doch die Versorgung des Embryos mit Sauerstoff kann nicht mehr gewährleistet werden. Solche Höhen sind also unbedingt zu vermeiden.

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Radfahren in der Schwangerschaft: Wann besser nicht?

Wann ist es aus medizinischen Gründen richtig, das Rad stehen zu lassen?

Verläuft die Schwangerschaft unkompliziert und der Arzt hat keine Einwände, können Frauen theoretisch bis zur Entbindung das Fahrrad nutzen. Sobald jedoch Blutungen oder vorzeitige Wehen eintreten, eine Schwangerschaftsdiabetes oder andere sogenannte Kontra-Indikationen, ist Radfahren keine Option mehr. Wichtig ist also die individuelle Absprache mit dem Arzt.

Sind Kopfsteinpflaster und ruppige Schotterpisten ein Problem für das Baby?

Für die Frühschwangerschaft würde ich solche Wege eher nicht empfehlen. Der Embryo ist noch dabei, sich einzunisten und sollte dabei nicht so durchgeschüttelt werden. Nach den ersten 12 Wochen ist das Baby aber so gut eingepackt, dass man sich darum nicht große Sorgen machen muss. Nochmal: Wer sich dabei nicht wohl fühlt, sollte nach Möglichkeit andere Wege wählen.

Schwanger Rad fahren: Wie das Rad umbauen, was anziehen, worauf achten?

Welches ist das richtige Rad für Schwangere?

Haben Sie Empfehlungen bezüglich des Rades?

Die meisten Frauen merken es selbst: Ein Rad mit stark gebeugter Haltung wird spätestens um die 25. Woche – oft schon viel früher – unangenehm, weil der mittlerweile schwere Bauch nach vorne bzw. unten zieht. Ein Holland- oder Trekkingrad mit einer aufrechten Sitzposition ist daher immer eine bessere Option als ein Rennrad oder Mountainbike.

Mehr Informationen und ein Online-­Coaching für Schwangere gibt es unter www.dshs-koeln.de/sport-und-schwangerschaft

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