Kindersitze fürs Fahrrad: Tipps, Wissenswertes

Bitte Platz nehmen, Kinder!

Kindersitze fürs Fahrrad: Tipps, Wissenswertes

Kindersitze fürs Fahrrad sind bei Eltern sehr beliebt. Doch sind diese manchmal an Rädern montiert, die dafür gar nicht zugelassen sind. Doch woran erkenne ich das? Und worauf muss ich beim Kauf sonst noch achten? Wir klären die wichtigsten Punkte rund um Sicherheit und Komfort am Kindersitz.
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Wer vorher schon viel mit dem Fahrrad unterwegs war, will auch nicht darauf verzichten, wenn Nachwuchs da ist. Und obwohl auch Anhänger und Lastenrad ihre Vorzüge haben, sind Kindersitze ganz besonders beliebt bei Eltern. Denn sie sind deutlich günstiger in der Anschaffung, platzsparend und dennoch absolut praktisch im Alltag. Man braucht keinen extra Stellplatz, muss nichts umbauen: Einfach das Kind reinsetzen und los geht die Fahrt.

Welche Räder sind zugelassen?

Was viele nicht wissen: Nicht jedes Fahrrad ist für einen Kindersitz zugelassen. Und hier ist nicht nur von Rennrädern und Mountainbikes die Rede, auch einige Trekking- und ­Cityräder sind betroffen. Der Grund liegt in der Verarbeitung des Rahmens, welcher viel Last verkraften muss. Das typische zulässige Gesamtgewicht eines Fahrrads liegt bei 100 kg für Räder ohne Motor und bei 120 kg für E-Bikes. Das Gesamtgewicht bedeutet hier: Gewicht des Rades plus Fahrergewicht plus Zuladung, also Gepäck oder eben ein Sitz inkl. Kind. Je nach Gewicht des Fahrers reduziert sich also schnell die Mitnahmekapazität bei einem herkömmlichen Fahrrad. Wichtig: Das Rad bricht nicht sofort zusammen, falls das maximale Gewicht überschritten wird, einen Sicherheitspuffer gibt es nämlich immer. Doch bei starker und vor allem lang anhaltender Überbelastung des Rades können irgendwann Schäden auftreten, die gefährlich werden. Insofern spielt das Thema auch bei der Frage nach einem Kindersitz eine Rolle.

Zusätzlich zum zulässigen Gesamtgewicht benötigen Fahrräder aber eine offizielle Zulassung für den Kindersitz. In der Bedienungsanleitung zum Rad lässt sich nachlesen, ob diese vorhanden ist. Ist das nicht der Fall und das Thema kommt einfach nicht vor, muss man rein rechtlich gesehen davon ausgehen, dass es geht. Denn der Hersteller ist zur Angabe verpflichtet, wenn es keine Zulassung für Kindersitze gibt. Hat man die Bedienungsanleitung allerdings nicht (mehr), hilft die Rücksprache beim Hersteller direkt oder beim Fachhändler, bei dem man das Rad gekauft hat – vorausgesetzt dieser ist nicht einfach nur ein Verkäufer, sondern ist wirklich fachlich ausgebildet.

Die richtige Ausstattung

Fahrräder mit tiefem Durchstieg sind eigentlich besonders praktisch mit Kindersitzen, da das Aufsteigen nicht anders als gewohnt abläuft. Allerdings sind die Tiefeinsteiger- und Trapezrahmen weicher, weshalb ein Kindersitz stärker eine Schaukelbewegung auslösen kann. Ganz allgemein gesprochen, muss das Rad mit einem steifen Rahmen ausgestattet sein, über starke Bremsen und einen stabilen, kippsicheren Ständer verfügen. Damit Rad und Sitz gut zusammenpassen, sollte man beim Kindersitz-Kauf am besten das Fahrrad mit in den Laden bringen. So zeigt sich schnell, ob der Bügel passt oder beispielsweise Anlötteile für Bremszüge am Sitzrohr im Weg sind. Der Fachhändler kennt in so einem Fall sicher eine Alternative – und baut bei Bedarf auch einen Zweibein-Ständer für mehr Sicherheit ans Rad.

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Verschiedene Typen für hinten und vorn

Kindersitze gibt es schon ewig, doch ihre Technik, das verwendete Material und die Verarbeitung haben sich im Lauf der Zeit drastisch gewandelt. So sind Kindersitze immer sicherer und komfortabler geworden. Auch sind sie heute flexibler in der Handhabung, denn die meisten Modelle lassen sich recht fix und mit nur wenigen Handgriffen abnehmen, falls man mal ohne unterwegs sein will. Dies ist auch praktisch für Eltern, die den Sitz mal am einen, mal am anderen Rad nutzen wollen.

Es gibt heute verschiedene Kindersitz-Typen. Am häufigsten sieht man den Sitz hinten, entweder auf dem Gepäckträger oder aber am Sattelrohr montiert. Bei der Befestigung am Sattelrohr federt der Kindersitz an langen Bügeln quasi freischwebend über dem Gepäckträger. Der Sitz am Heck ist auf jeden Fall die sicherste Option, da Kinder bei einem Unfall besser geschützt sind, was am Oberkörper des Erwachsenen, aber auch an den hohen Rücken- und Kopfstützen liegt. Auch ist der Nachwuchs auf einem Hecksitz nicht komplett dem Wind ausgesetzt. Dafür gibt es natürlich hinten am Rad keinen Platz mehr für einen Fahrradkorb oder Packtaschen, auch das Tragen eines Rucksacks ist nur eingeschränkt möglich.

Dies ist beim Kindersitz vorne kein Thema, er wird in der Regel am Oberrohr befestigt. Bei der Montage muss ein Frontsitz auf jeden Fall mindestens einen Befestigungspunkt am Fahrrad haben, der nicht der Lenker oder die Verlängerung des Lenkerschaftes ist. Man sollte außerdem unbedingt prüfen, ob der Sitz die Lenkbewegung einschränkt, was ein hohes Sicherheitsrisiko ist. Vorteile des Kindersitzes vorne sind die bessere Fahrstabilität wegen des günstigen Schwerpunktes sowie die gute Sicht auf den Nachwuchs. Weil das Kind aber auch Wind und Wetter ungeschützt abbekommt, verkaufen die Hersteller passende Frontscheiben aus Kunststoff dazu. Theoretisch ist es sogar möglich, mit je einem Sitz vorne und einem hinten zwei Kinder gleichzeitig auf dem Rad mitzunehmen. Dies ist aber aufgrund erhöhter Unfallgefahr nicht zu empfehlen. Auch wird so schnell die maximale Zuladung des Rades überschritten. Wer mehrere Kinder transportieren möchte, sollte also besser einen Anhänger oder ein Lastenrad wählen.

Kindersitze sind im übrigen erst dann sinnvoll, wenn das Kind selbstständig und stabil sitzen kann, was häufig erst um den 1. Geburtstag der Fall ist. Manche Hersteller geben außerdem ein Mindestgewicht von 9 kg an, das nicht unterschritten werden sollte. Als Maximalgewicht sind häufig 22 oder 25 kg genannt, bei Frontkindersitzen liegt das maximale Gewicht in der Regel bei 15 kg.

Kindersitze: Details machen den Unterschied

Worauf sollte man beim Kauf achten? Kindersitze müssen der DIN EN 14344 Norm entsprechen und damit gekennzeichnet sein. Das GS-Siegel steht für „geprüfte Sicherheit“ und bestätigt zusätzlich die Einhaltung der Vorgaben aus dem in Deutschland geltenden Produktsicherheitsgesetz. Ein verstellbarer Dreipunktgurt in Kombination mit einem Höcker im Schrittbereich sorgt für Sicherheit. Sämtliche Verschlüsse sollten für Kinder nicht zu öffnen sein. Wichtig ist auch, dass die Füße des Passagiers auf keinen Fall in die Speichen geraten können, weshalb stabile Schalen für den Fuß sowie verstellbare Fixierrasten empfehlenswert sind. Manch einer kauft für die extra Portion Sicherheit einen zusätzlichen Speichenschutz fürs Rad. Diverse Polsterungen sorgen für mehr Komfort für den kleinen Passagier. Im besten Fall sind diese abnehm- und waschbar. Manche Hecksitze lassen sich sogar in Liegeposition kippen, damit das Kind besser schlafen kann. Dies verlagert jedoch wiederum den Schwerpunkt des Gewichts nach hinten, was sich auf das Fahrverhalten des Rades auswirkt.

Praktisch sind Kindersitze, die einige Zeit mitwachsen – hier spart man durch die lange Nutzung richtig Geld. Tolle Sicherheitsfeatures sind außerdem ein Diebstahlschutz sowie Reflektoren am Sitz für mehr Sichtbarkeit. Ist der Kindersitz hinter dem Fahrer montiert, sollte geprüft werden, ob unter dem Fahrradsattel Federn freiliegend erreichbar sind, was bei einem gefederten Sattel oder einer Federsattelstütze möglich ist. Da Kinder sich hier leicht die Finger einklemmen könnten, muss eine Abdeckung her. Gibt es keinen Klemmschutz für den Sattel, sollte ein anderer montiert werden. Und wer besser beobachten möchte, was sich hinten am Hecksitz abspielt und Blickkontakt mit dem Kind halten möchte, kann über einen Rückspiegel nachdenken.

Ein Helm ist auf dem Kindersitz nicht Pflicht, wird aber dringend empfohlen. Denn vor einem Sturz ist man nie 100-prozentig geschützt und nur ein Helm kann den wertvollen Kopf des Kindes sichern. Am besten den Helm aufsetzen, bevor das Kind in den Sitz gehoben wird, denn auch im Stand kann es zu Unfällen kommen. Deshalb darf man Kinder auch nie allein lassen, wenn sie im Fahrradsitz sitzen.

Praktisches Zubehör für Kindersitze

Nässeschutz oder mehr Komfort – klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie!

Nackenhörnchen für das Nickerchen auf dem Heimweg. Hier: Hamax.

Ein Regenschutz für Sitz und Kind ist wichtig - bei Britax Römer gibts den Poncho für beides.

Der Fahrradhelm sollte schön flach am Hinterkopf sein, damit sich das Kind gut anlehnen kann. So wie der Smiley 3.0 von Abus.

Schutzschild für Frontsitze: Die GO Frontschreibe von Bobike.

Flauschige Lenkerpolsterung Miffy für den Frontsitz Yepp von Thule.

Ein Rückspiegel kann Blickkontakt mit dem Kinder auf dem Hecksitz ermöglichen. Hier: Rückspiegel 100 von Decathlon.

Nicht an der falschen Stelle sparen

Ein Kindersitz ist bereits ab 35 Euro erhältlich, für hochwertigere Modelle zahlt man 60 Euro und mehr. Selbst wenn man etwa 100 Euro für einen Sitz bezahlt, ist er weiterhin die günstigste Variante, sein Kind auf dem Rad mitzunehmen. Die Investition in ein teureres Modell kann sich durchaus lohnen, zum Beispiel wenn der Sitz länger „mitwächst“ und über eine bessere Sicherheitsausstattung verfügt. Auch gebraucht sind gute Sitze erhältlich. Man sollte dann aber unbedingt nur von einer vertrauenswürdigen Person kaufen, zum Beispiel von Freunden. Der Kindersitz darf nicht in einen Unfall verwickelt gewesen sein, damit er weiterhin gute Sicherheit bieten kann.

Übung macht den Meister

Wer einen Kindersitz neu gekauft hat, sollte ihn auf jeden Fall zunächst ohne Passagier ausprobieren. Denn das gesamte Fahrverhalten des Fahrrads verändert sich, insbesondere in Kurven oder beim langsamen Fahren. Aber auch das Auf- und Absteigen sowie das Abstellen des Rades ist mit der neuen Gewichtsverlagerung ungewohnt. Dazu am besten einen Gegenstand im Sitz befestigen, der etwa dem Gewicht des Kindes entspricht. Insbesondere ungeübte Radfahrer können sich unsicher und wackelig fühlen, da hilft nur üben und Routine gewinnen.

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