Fehlsichtigkeit: Wer nichts mehr erkennt, sollte sich untersuchen lassen.

Fehlsichtigkeit: Trotz Dioptrien Rad fahren

Scharf sehen trotz Dioptrien

Fehlsichtigkeit: Trotz Dioptrien Rad fahren

Es passiert meist schleichend. Die Augen werden im Alter schlechter. Dem ­Institut für Demoskopie ­Allensbach zufolge haben 63,4 Prozent der Bundes­bürger eine Fehlsichtigkeit. Für ­Radfahrer kann eine schlechte Sehstärke gefährlich sein. Wann man zum Sehtest gehen sollte und womit man schlechtes ­Sehen ausgleichen kann, ­erklären wir hier.
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Puh! Gerade noch einmal gut gegangen. Den dunklen Kleinwagen hatte ich fast übersehen. Es war dämmrig und es hatte geregnet. Die Lichter in der Innenstadt ließen das Auto beinahe unsichtbar werden. Sollten sich meine Augen etwa verschlechtert haben? Habe ich etwa eine Fehlsichtigkeit?

Gutes Sehen ist wichtig, schlechtes Sehen gefährlich!

Ich beschließe, meine Augen prüfen zu lassen. Denn gutes Sehen ist mindestens so wichtig wie der einwandfreie technische Zustand des Rades. Nach einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) lässt sich fast jeder neunte Verkehrsunfall auf schlechtes Sehen zurückführen.

Fehlsichtigkeit: Wer nichts mehr erkennt, sollte sich untersuchen lassen.

Fehlsichtigkeit: Wer nichts mehr erkennt, sollte sich untersuchen lassen.

Fehlsichtigkeit ist eine Sehschwäche

Manche sehen unscharf oder schlecht, müssen blinzeln, haben Schleier oder Nebel vor den Augen. Nachts können Lichter flirren und tanzen – oder tagsüber Blitze, Mücken und Zickzacklinien erscheinen. Fehlsichtigkeit bezeichnet meist eine Sehschwäche, die mit einer Brille behoben werden kann. Eine Sehstörung hat andere Ursachen. Oft sind diese harmlos, manchmal können sich Krankheiten durch sie ankündigen. Welche Arten von Fehlsichtigkeit gibt es?

Welche Arten von Fehlsichtigkeit gibt es?

Kurzsichtigkeit (Myopie) betrifft etwa 25 % der Bevölkerung, Tendenz steigend. Bei der Kurzsichtigkeit kann das Auge gut im Nahbereich sehen – hat aber Probleme, Gegenstände in der Ferne zu fokussieren. Es gibt sogar eine spezielle Form der Kurzsichtigkeit, die nur bei Nacht auftritt. Darunter leiden immerhin 14 % der Menschen. Stark kurzsichtige Menschen sollten ihre Augen einmal jährlich untersuchen lassen. Denn ab einer Glasstärke von etwa -6 Dioptrie steigt das Risiko für schwere Erkrankungen des Auges wie etwa Netzhautablösung, Grauer Star und Grüner Star beträchtlich.

Weitsichtigkeit (Hyperopie) betrifft ca. 35 % der Bevölkerung unter 60 Jahren. Bis zum 30. Lebensjahr sehen Weitsichtige meist sowohl in der Ferne als auch in der Nähe gut – aller­dings müssen sie dafür ihre Augenmuskeln stark beanspruchen, was auf Dauer anstrengt. Häufige Kopfschmerzen beim Lesen, am Computer oder bei Naharbeit sind meist erste Anzeichen sich anbahnender Weitsichtigkeit. Aber auch „immer länger werdende Arme“ sind ein untrügliches Zeichen – wenn Buch, Zeitung und Handy immer weiter weggerückt werden müssen.

Altersweitsichtigkeit ist keine Krankheit, sondern ein altersbedingter Vorgang. Sie beginnt im fünften Lebensjahrzehnt – bei Menschen mit Myopie (Kurzsichtigkeit) etwas später – und ist im höheren Alter mit 95 Prozent die häufigste Fehlsichtigkeit in Deutschland. Etwa ab dem 40. Lebensjahr verlieren die Linse und der Ringmuskel des Auges ihre Elastizität. Die Akkommodation, das heißt die aktive Anpassung der Sehschärfe an verschiedene Entfernungen, nimmt stetig ab. Scharfes Sehen in der Nähe – oder bei sehr hohen Werten ebenfalls in mittleren Distanzen und in der Ferne – ist nicht mehr möglich.

Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) ist eine Fehlsichtigkeit, bei der eine ungleichmäßige Form der Hornhaut zu einer unscharfen Sicht führt. Sie betrifft 20 % aller Menschen. Im Gegensatz zu einer Kurz- oder Weitsichtigkeit können Probleme beim Sehen in allen Distanzen auftreten. Ihre Gründe sind vielfältig, oft aber ist sie angeboren bzw. hat genetische Ursachen. Eine nur leicht verkrümmte Hornhaut gilt als normal und ist weit verbreitet.

Nachtblindheit (Hemeralopie) ist eine Fehlsichtigkeit, die das Sehen bei Nacht erschwert. Sie kann angeboren sein oder ihre Ursache in einem Vitamin-A-Mangel haben. Viele Menschen vermuten, sie seien nachtblind, wenn sie nachts unscharf sehen. Aber diese Symptome sind in einem bestimmten Maß völlig normal, denn dem Auge fällt es ab dem 50. Lebensjahr schwer, sich auf verändernde Lichtverhältnisse einzustellen. Bei einer echten Nachtblindheit sollte man jedoch unbedingt einen Augenarzt aufsuchen.

Farbfehlsichtigkeit bedeutet, dass die Betroffenen bestimmte Farben gar nicht mehr sehen können. Ein Phänomen, unter welchem nur Männer leiden, ist die angeborene Rot-Grün-Schwäche. Aber auch Krankheiten wie ein Grüner Star (Glaukom), Diabetes oder Alzheimer verursachen Farbfehlsichtigkeit. Bunte, farbige Ringe und andere Farbwahrnehmungen können ein Hinweis auf diese Krankheiten sein. Acht Prozent der Männer leiden unter Störungen der Farbwahrnehmung, Frauen sind mit 0,4 Prozent deutlich weniger betroffen. Abhilfe gibt es hier meist keine.

Gesichtsfeldausfälle (Skotome) bedeuten, dass ein Teil des sichtbaren Bereichs abgeschwächt wird oder ganz ausfällt. Sie können sowohl in der Mitte als auch an den Rändern (Tunnelblick) auftreten. Skotome können als Folge einer Erkrankung der Netzhaut, der Sehbahn bzw. des Sehzentrums im Gehirn auftreten. Vorübergehende Gesichtsfeld-Ausfälle können Begleiterscheinungen einer Migräne sein. Aber auch Krankheiten wie Grauer Star, Grüner Star, Makuladegeneration oder eine Netzhautablösung können sich durch ein Skotom ankündigen. Auf jeden Fall zum Arzt!

„Sternchensehen“ ist meist ein Anzeichen von zu niedrigem Blutdruck. Durch den entstehenden Sauerstoffmangel verarbeitet die Netzhaut die Lichtreize nicht mehr richtig. Dann sieht man helle, blitzende Punkte. Sinkt der Blutdruck weiter, wird einem schwarz vor den Augen und es droht eine Ohnmacht. Bei einem dauerhaft zu niedrigen (aber vor allem zu hohen) Blutdruck sucht man besser einen Arzt auf.

„Fliegende Mücken“ kennt man als Radfahrer. Wenn sie nicht echt sind, sondern nur als Wahrnehmung im Auge erscheinen, rühren sie von Trübungen im Glaskörper her. Diese werfen Schatten auf die Netzhaut, die man dann als Fäden, Schlieren oder eben „Mücken“ wahrnimmt. Diese Symptome treten bei Kurzsichtigkeit und steigendem Alter auf. Wenn das Sehvermögen aber stark beeinträchtigt wird, sollte man den Arzt aufsuchen.

Blindheit (Amaurose) bedeutet, wenn jemand auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 2 % von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt. Blindheit kann angeboren oder im Lauf des Lebens erworben sein. Der Hauptgrund für eine Neuerblindung ist die altersbedingte Makuladegeneration (AMD), bei der die Netzhaut Schaden nimmt. Je früher man eine altersbedingte Makuladegeneration erkennt, desto früher kann man medizinisch gegensteuern.

Fehlsichtigkeit: Das ist der rechtliche Status

Beim Radfahrer werden keine Mindestanforderungen an die Sehstärke gestellt. Trotzdem muss auch er bei Fehlsichtigkeit sein Gefährt jederzeit sicher beherrschen. Für ihn gilt grundsätzlich:

Fehlsichtigkeit: StVO §1 Grundregeln

  • Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
  • Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder, mehr als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
  • Da das Pedelec dem Fahrrad rechtlich gleichgestellt ist, gilt dies auch für Pedelecs. Rechtliche Sonderstellungen nehmen dagegen zulassungspflichtige E-Bikes ein, die mit Tretunterstützung über 25 km/h (S-Pedelecs) unterstützen oder solche, die ohne Tretunterstützung schneller als 6 km/h aus eigener Kraft (E-Mofas) fahren können. Sie gelten als Kraftfahrzeuge – dementsprechend legt der Gesetzgeber bei der Führerscheinprüfung (Klasse AM) ein Mindest-Sehvermögen fest.
  • Für den Führerschein muss die Sehstärke auf jedem Auge mit oder ohne Sehhilfen mindestens 70 Prozent betragen. Liegt das Sehvermögen darunter, muss man mithilfe eines augenärztlichen Gutachtens überprüfen lassen, ob das Führen eines Kraftfahrzeuges ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer möglich ist.
  • Der Augenarzt begutachtet dabei die Augenbeweglichkeit, das Stereosehen, das Farbensehen und das Blickfeld. Grundsätzlich ist es sogar möglich, mit nur einem funktionsfähigen Auge den Führerschein zu erwerben, wenn eine ausreichende Sehstärke vorhanden ist. Beträgt die Sehstärke auf beiden Augen oder die des besseren Auges allerdings weniger als 50 Prozent, dann ist das Autofahren nicht erlaubt.
  • Wird eine Sehhilfe benötigt, um den Sehtest zu bestehen, wird dies als Schlüsselzahl auf dem Führerschein vermerkt. Ein Fahren ohne Sehhilfe stellt dann eine Ordnungswidrigkeit dar. Bei einem Unfall kann es weitreichende Konsequenzen haben.

Auf zum Sehtest beim Optiker

Viele Radfahrer wissen gar nicht, dass sie möglicherweise fehlsichtig sind. Es gibt jedoch Anzeichen, wie zum Beispiel trockene Augen, häufige Kopfschmerzen, Schwierigkeiten oder Ermüdung beim Lesen, kurzzeitig verschwommene Bilder bzw. doppelte Bilder oder Sehprobleme im Dunkeln. Auch häufiges Blinzeln und Zusammenkneifen der Augen verrät oftmals eine Sehschwäche. Ich weiß um meine Sehschwäche und habe einen Termin bei meiner Optikerin vereinbart.

„Sie brauchen eine neue Brille, Herr Burger!“, meint Lena Gronde, Augenoptik-Meisterin, Optometristin (Master of Science) und Geschäftsführerin mehrerer Augenoptik-­Filialen. Ich habe bei ihr die gesamte Prozedur über mich ergehen lassen. Ein Sehtest besteht heutzutage nicht nur aus subjektiver Sehstärkenermittlung mit einer Messbrille, sonder umfasst modernste Computertechnik. Die Untersuchung mit Autorefraktometer lief vollautomatisiert und ohne meine aktive Mitarbeit ab, das Ergebnis der Messungen kann ich direkt auf dem Computerbildschirm sehen.

Fehlsichtigkeit von Radfahrern: Die richtige Brille

„Was für eine Brille empfehlen Sie mir?“, will ich wissen. Frau Gronde betrachtet mein Fahrrad-Outfit und zeigt mir eine große Auswahl an Sportbrillen verschiedenster Hersteller. „Alle namhaften Hersteller von Sportbrillen bieten mittlerweile optische Einsätze an“, erklärt mir die Optometristin. Sie erklärt weiter, dass eine spezielle Radbrille Sinn macht. Denn allzu schnell kommt eine herkömmliche Korrekturbrille dort an ihre Grenzen: Der Fahrtwind trocknet und kühlt Augen aus, Staub und Insekten können in die Augen gelangen und meist sitzen die Bügel nicht angenehm zwischen Kopf und Helm.

Spezielle Sport- bzw. Radbrillen gehen auf die Anforderungen beim Radfahren ein. Sie ­haben stark gebogene Gläser, um einen ­optimalen Abschluss an Stirn und Wangen zu bieten – ganz ohne Zugluft. Die perfekte Fahrradbrille kann durch verstellbare Nasenstege und Bügel auf die unterschiedliche Körperhaltung am Rad eingestellt werden. Ein dynamisches Ventilations-System lässt das Glas so wenig wie möglich beschlagen. Bei einigen Brillen schützt ein dünnes Schweißband die Augen vor Schweiß. Ein CE-Zeichen gibt an, ob die Brille in unserem Land eine Zulassung hat.

Es gibt Sportbrillen ohne Sehhilfen, Sportbrillen mit Clip innenseitig, der die Sehschwäche ausgleicht und Sportbrillen mit Direktverglasung, in denen Gläser mit Sehstärke eingesetzt sind, wie mir Frau Gronde erklärt. Dann gibt es natürlich noch Adapterverglasung für Sehstärken, bei denen eine Direktverglasung nicht geht, der Kunde aber trotzdem keine Doppelverglasung durch Clip will. In meinem Fall könnte man über eine Brille nachdenken, die meine Kurzsichtigkeit ausgleicht – aber einen bifokalen Einsatz hat, um das Navi oder das Display im Nahbereich zu sehen.

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Was eine Radbrille auszeichnet

Die Gläser einer Sportbrille sollten bruchfest und splitterfrei aus Polycarbonat sein. Meist sind sie austauschbar und mit dem UV-Schutz einer Sonnenbrille versehen. Vor mir liegen ein Arsenal verschiedenster Fassungen und sehr viele Gläsern. Müssen die so modisch bunt sein? „Die Farbe einer Sportbrille hat weniger modischen Charakter, als eine echte Funktion,“ erklärt Frau Gronde. Sie empfiehlt mir eine Brille mit einer braunen oder sogar leicht orangenen Tönung, da so durch die Filterungen des blauen Lichts eine optimale Kontraststeigerung erreicht werden kann. Auch mit einer relativ hohen Tönung erfolgt ein guter Ausgleich bei wechselnden Lichtverhältnissen, ohne dass die Gläser zu dunkel wirken. Im Wald oder nachts von Vorteil!

Optimal für wechselnde Lichtverhältnisse sind Radbrillen mit Wechselscheiben in unterschiedlichen Tönungen: 80 % Tönung für Sonnenlicht, 40 % Tönung bei schlechtem Wetter – mit kontrast­steigernden Gläsern. Und nachts klare Gläser als Schutz vor Insekten, Ästen, Steinen. Verzichten solle man auf blaue Tönungen, da die orangenen Farben der Umgebung herausgefiltert werden. Die Farbe Orange heißt jedoch im Straßenverkehr immer Warnung! Auch von polarisierenden Gläsern rät mir meine Optikerin ab, nachdem ich zugebe, auch Mountainbike zu fahren. Warum das? „Eine polarisierte Brille unterdrückt Reflexionen und Spiegelungen“, meint Frau Gronde. „Als Mountainbiker ist man jedoch darauf angewiesen zu erkennen, ob der Untergrund rutschig oder nass ist.“

Nach nur einer Stunde verlasse ich das Geschäft. Es war nicht schwer, die richtige Brille für mich zu finden. Ich hätte schon viel eher den Gang zum Optiker wagen sollen …

Fazit

Eine Radbrille zu tragen macht immer Sinn. Egal, ob man fehlsichtig ist oder nicht. Eine gut sitzende Radbrille schützt die A­ugen vor Fahrtwind, Staub und Insekten. Sie verhindert tränende oder gar entzündete Augen. Denn auch das ist ein Sicherheits­risiko im Straßenverkehr.

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