Federstützen, Test, Kaufberatung

Federstützen im Test: 19 gefederte Sattelstützen bis 300 Euro im Vergleich

Stoßschutz

Federstützen im Test: 19 gefederte Sattelstützen bis 300 Euro im Vergleich

Rücken und Po schmerzen, obwohl Sitzposition und Sattel passen? Stöße und Vibrationen schaden Material, Körper und Fahrspaß. Federstützen können helfen. Doch welches Modell überzeugt?
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Verschiedene Umfragen beweisen: Sitzprobleme sorgen mit am häufigsten für Verdruss beim Radfahren. Gelegenheits-Radfahrer klagen dabei häufig über Schmerzen an den Sitzknochen, Vielfahrer hingegen leiden unter Problemen am unteren Rücken – vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule. Ein Grund dafür ist, dass je nach Sitzposition bis zu 70 Prozent des Fahrergewichts auf dem Sattel lasten. Sitzknochen und Wirbelsäule tragen dieses Gewicht. Je nach Fahrrad werden mehr oder weniger Stöße und Vibrationen zum Fahrer weitergeleitet. Federstützen arbeiten dann als Stoßfänger. An vielen Kompletträdern sind Federstützen verbaut. Meist aber nur in günstiger Ausführung, weil die Kalkulation knapp ausfällt. Tauscht man diese aus oder verbaut an einem bisher starren Rad eine Federstütze, fällt das Aha-Erlebnis durch eine echte Performance-Steigerung groß aus.

Wie funktionieren Federstützen?

Wird ein Hindernis überfahren, bewegt sich das Hinterrad in einer kreisförmigen Bewegung um die Vorderradachse. Dadurch erfolgt die Stoßrichtung über den Sattel nach vorne oben. Betrachtet man die zu federnde Masse, fällt auf, dass sich die Form der Wirbelsäule quasi mit der Stoßrichtung überschneidet. Das erklärt auch gleich die in der Regel bessere Funktion von Parallelogrammstützen, da ihre Einfederrichtung dieser Kraft perfekt entgegenwirkt. Bei Teleskopstützen ist der Krafteinleitungswinkel hingegen deutlich steiler, wodurch Potential vor allem im Ansprechverhalten verloren geht. Zudem arbeiten Federstützen mit höherem Gewicht auf dem Sattel besser. Das gilt für das Körpergewicht des Radfahrers wie auch für eine aufrechte Sitzposition, etwa an einem Holland- oder Stadtrad. Wichtig ist dabei aber immer eine perfekt auf den Fahrer abgestimmt Stütze, denn nur so kann sie ihr Potential entfalten und höchsten Komfort bieten.

Im Vergleich mit einem vollgefederten Rad ist eine Stütze deutlich günstiger in Anschaffung und Unterhalt. Gewicht und Wartung sind geringer. Vergleicht man Federstützen mit Ballonreifen, sind die Reifen deutlich feinfühliger, weil sie Unebenheiten direkt am Ursprung ausgleichen. Allerdings passen sie nicht in jedes Rad und haben bezüglich der Schlagstärke ihre Grenzen.

Welche Stütze passt zu mir?

Dazu hilft anfangs ein Blick auf die drei erhältlichen Funktionsprinzipien. Bei Teleskopstützen werden die Rohre in sich verschoben und die Federrichtung wirkt nach vorne unten (Airwings, Ergotec, Sitting Bull, USE, XLC). Sie sind meist eher leicht, günstiger, fein einstellbar, bieten eine dezentere Optik und eine geringere Aufbauhöhe. Die Nachteile sind eine starke Sattelhöhenänderung, das schlechtere Ansprechverhalten und ein leichtes, seitliches Spiel in der Sattelnase.

Bei Parallelogrammstützen bewegt sich der Sattel auf einer Kreisbahn nach hinten unten (by.schulz, CaneCreek, Cirrus, Contec, Ergotec, M-Wave, Redshift, Suntour). Dadurch ist der Komfort höher und die Sattelhöhenänderung ist nicht so extrem. Stabile Gelenke sorgen für gutes Ansprechverhalten und eliminieren das seitliche Spiel. Allerdings sind sie eher schwer, aufwendig und teuer in der Konstruktion, weisen eine klobige Optik sowie eine hohe Aufbauhöhe auf. Die Verlängerung der Sitzposition nach hinten und ein leichtes, systembedingtes Wippen ist Geschmackssache.

Die einzige Blattfederstütze (Canyon) ist sehr leicht, sensibel und wartungsfrei. Allerdings gibt es nur eine Federhärte, die je nach Fahrergewicht und Stützenauszug aus dem Rahmen stark variiert. Und auch der hohe Preis ist durch Konstruktionsaufwand, Material und Fertigung nicht von der Hand zu weisen.

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Welcher Fahrertyp bin ich?

Zu folgenden Punkten sollten Sie sich Gedanken machen: Wird mehr im Alltag, auf Touren oder sportlich gefahren oder gibt es Rückenprobleme mit Vorerkrankungen? Auch die individuellen Vorgaben zu Komfort, Wippneigung, Einbaumaßen im Fahrrad und dem Körpergewicht spielen eine entscheidende Rolle.

Leichte Personen oder Sportler profitieren stark von Parallelogrammstützen. Wer aufrecht und statisch sitzt, geringe Wippneigung schätzt, kann getrost zur Teleskopstütze greifen. Wer Probleme am Gesäß oder Wirbelsäule hat oder im Gelände unterwegs ist, profitiert von viel Federweg. Wer ausschließlich auf der Straße fährt oder sportlich unterwegs ist, kommt auch mit wenig Federweg gut zurecht.

Diese Federstützen haben wir getestet

Marke Modell UVP Prädikat
XLC SP-S08 42,00 Euro
Ergotec SP-10.0 46,90 Euro Preis/Leistung
M-Wave Fourspring 69,90 Euro  
Airwings Comfort Plus 89,00 Euro  
Contec SP-060 Slim LT 89,95 Euro  
Sitting Bull Fool Bull 89,95 Euro  
SR Suntour NCX 99,95 Euro Preis/Leistung
Ergotec PM-705N 109,00 Euro  
Sitting Bull Black/Crazy Bull 114,95 Euro/169,95 Euro Empfehlung
USE Ultimate VYBE 135,00 Euro  
Airwings Expleto Travel 159,00 Euro  
by.schulz G.2 STTestbrief 169,95 Euro Testsieger
Sitting Bull Tomahawk 169,95 Euro  
by.schulz G.2 LT 189,95 Euro  
Cane Creek Thudbuster LT G4 209,99 Euro  
Redshift Shockstop 229,90 Euro  
Canyon S14 VCLS 2.0 CF 249,95 Euro Empfehlung
Cirrus Cycles Kinekt 2.1 299,00 Euro Testsieger
Cane Creek EESILK 299,99 Euro Empfehlung

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Unterschiede in Details und Technik

Um alle Stützen bestmöglich zu vergleichen, durchlaufen alle einen Testbogen mit gut 45 Punkten. Dort werden die Durchmesser aufgenommen, die der Hersteller anbietet. Die gängigsten Maße sind 27,2, 30,9 und 31,6 Millimeter. CaneCreek eeSilk, Canyon, M-Wave, Redshift, Sitting Bull und XLC bieten nicht einmal alle drei, teils sogar nur einen Durchmesser. Hier muss dann mit Reduktionsshims nachgeholfen werden. Positives Beispiel sind by.schulz, die bis zu zehn, und Airwings, die auf Anfrage sogar Wunschdurchmesser anbieten.

Bei den Längen bewegt sich der Durchschnitt um 350 Millimeter. Für große Personen oder Falträder ist mehr aber oft sinnvoll. Hier glänzen Airwings, by.schulz, CaneCreek und USE. Bei der reinen Produktauswahl bietet Airwings sechs, Ergotec sogar elf verschiedene Stützenmodelle. Wichtig ist auch die Aufbauhöhe. Sie beschreibt die minimale Einschubtiefe in den Rahmen. Weniger Federweg geht mit einer geringeren Aufbauhöhe einher. Gerade bei kleinen Personen und kleinen Rahmengrößen muss dieser Punkt beachtet werden. Setzt man den Federweg in Relation zur Aufbauhöhe, benötigen Canyon, Cirrus sowie die baugleichen Stützen von Contec und Ergotec am meisten Platz.

Federweg

Beim Federweg reichen die Werte von 20 (CaneCreek eeSilk, Canyon, M-Wave) bis 90 Millimeter (CaneCreek Thudbuster). Allerdings stellt sich die Frage bei einigen ­Parallelogrammstützen, wie genau die Federwege gemessen werden. Bestes Beispiel: Contec und Ergotec sind augenscheinlich baugleich, geben aber unterschiedliche Federwege an. Als Federmedium setzen fast alle Hersteller auf Stahlfedern. Diese sind schwer, dauerschwingfest, temperaturunempfindlich, wartungsfrei, bieten eine lineare Kennlinie und ein gutes Ansprechverhalten. Allerdings ist die Eigendämpfung gering und je nach Fertigung unterliegt Stahl Korrosion. Elastomere, im Volksmund auch Gummipuffer genannt, sind leicht, korrosionsunempfindlich, wartungsarm, recht preiswert, progressiver und bieten eine gute Eigendämpfung. Allerdings verhärten sie etwas bei Kälte und werden unkomfortabel.

Einzigartig ist die Carbonblattfeder bei Canyon. Sie ist leicht, sensibel und wartungsfrei. Dafür kostet sie ordentlich und ist nicht auf verschiedene Fahrergewichte anpassbar. Bei der Anpassbarkeit selbst werden die angebotenen Härtegrade und der Gewichtsbereich unter die Lupe genommen. Den größten Bereich von 130 Kilogramm bieten Airwings Expleto und alle Sitting Bull-Stützen. Eine Feinjustage über die Vorspannung der Federelemente ist bei fast allen Herstellern möglich. Nur by.schulz, CaneCreek und Canyon fallen hier negativ auf. Bei den Härtegraden sorgen Airwings, by.schulz, Cane­Creek und Cirrus mit je fünf Härten für eine feine Abstimmung auf das Fahrergewicht. Die Ersatzteilpreise dafür reichen von 2,90 (M-Wave) bis 15 Euro (Airwings, by.schulz).

Federstützen: Anpassung an den Fahrer

Für eine gute Anpassung an den Fahrer sind der Stützenversatz sowie ein Blick auf die Sattelklemmung zu werfen. Der Versatz wird dazu von der gedachten Mitte des Stützenrohres bis zur Mitte der Sattelklemmung gemessen. Je größer der Wert, umso weiter wandert der Sattel nach hinten. Bei Canyon kann die Aufnahme der Sattelstreben gedreht werden und bietet dadurch eine Variation von 12 Millimetern. Der Versatz ändert sich zudem durch das Einsinken in den Federweg. Bei Teleskopstützen nimmt der Wert ab. Parallelogrammstützen federn nach hinten, daher nimmt der Wert teils deutlich zu.

Am größten ist die Zunahme bei by.schulz, CaneCreek, Contec, Ergotec und Suntour. Bei der Sattelklemmung betrachten wir den Verstellweg des Sattels. Dieser hängt vor allem an der oberen Sattelklemmschelle, weil diese durch die Biegung des Sattelgestells limitiert wird. Eine schmale Bauweise bringt mehr Verstellweg. Spitzenreiter sind Airwings, Canyon und USE. Stark limitiert bauen Sitting Bull, Suntour und vor allem Redshift. Trotzdem sollte der Blick auch auf das untere Sattelgestell nicht fehlen. Ist dieses zu kurz, kann das Sattelgestell bei hoher Belastung verbiegen.

Perfekt ist das bei der Ergotec SP-10.0 gelöst. Zu geringe Unterstützung findet sich vor allem bei M-Wave und USE. Beim Verstellwinkel geht es darum, dass die Satteldecke möglichst parallel zum Boden ausgerichtet werden kann. Limitiert ist der Bereich bei Airwings, Contec und Ergotec PM-705N. Runde und frei drehbare Aufnahmen bieten einen sehr großen Bereich, sind aber oft gerastert und damit nicht mehr stufenlos verstellbar (by.schulz, M-Wave, Sitting Bull, Suntour). Canyon fällt gar komplett aus dem Raster, weil die Stütze mehrfach aus- und eingebaut werden muss, um den perfekten Sattelwinkel zu finden. Selten benötigt, aber trotzdem wichtig, ist der Blick beim Einbau hochwertiger Sättel mit ovalen Streben. Möglich ist das nur bei CaneCreek eeSilk, Cirrus, Contec, Ergotec, M-Wave und Redshift. Bei by.schulz, Canyon und USE sind dafür Nachrüstteile erhältlich.

Mehrwert und Sicherheit

Ein Unterschied zu starren Stützen ist das leichte, seitliche Spiel von Federstützen im unbelasteten Zustand. Beim Fahren fallen aber eher die Federbewegung und die Rotation des Beckens über dem Sattel auf.

Schöne Details bieten Mehrwert und Sicherheit. Dazu zählen die erweiterten Garantien bei Airwings, Ergotec (je 5), Canyon (6) und vor allem Sitting Bull mit ganzen zehn Jahren. Bei Farben geht kein Weg an Sitting Bull vorbei. Hier werden insgesamt zehn Varianten angeboten. Airwings glänzt zudem mit einfacher Wartung via Schmiernippel und einem einstellbaren Lagerspiel. In Deutschland fertigen Airwings, Sitting Bull und zum Großteil auch by.schulz. Werden Parallelogrammstützen zusammen mit Kindersitzen verwendet, sollte die Technik mit einer Schutzhülle versehen werden, damit die Finger nicht gequetscht werden.

Federstütze einbauen: So einfach gehts!

Am Ende zählt doch nur die Praxis!

Als erstes werden die Stützen auf das Fahrergewicht angepasst. Hier spielt die Montage der Ersatzfedern eine Rolle. Wichtig: Zur Abstimmung sollte man sich mit kompletter Ausstattung wiegen. So kommen nämlich mit Rucksack schnell zehn Kilogramm mehr auf die Waage. Das sollte bei der Grundabstimmung berücksichtigt werden! Bei der Sattelmontage achten wir auf den Einbau und die Feinjustage. Eingebaut werden die Stützen dann je nach Rahmenmaterial mit Carbon- oder Montagepaste und Drehmomentschlüssel.

Eine spezifisch auf den Trekking-, Fitness- und MTB-Bereich abgestimmte Testrunde beinhaltet grobes Kopfsteinpflaster, Schotter- und Waldwege sowie kleine Treppenstufen. Das Testrad war ein ungefedertes Trekkingrad mit Starrgabel, die Sitzposition dazu fiel weder sportlich noch aufrecht aus. Die Reifen wurden mit hohem Druck befüllt, damit die Stützen mehr arbeiten mussten.

Dauerhaft gute Funktion? Pflege ist wichtig!

Für die dauerhaft gute Funktion einer Federstütze ist Wartung essentiell. Meist sind Parallelogrammstützen pflegeleichter.

Bei Teleskopstützen sollte regelmäßig die Führung gereinigt und geschmiert werden.

Ergebnisse im Überblick

Wie die verschiedenen Federsattelstützen im Test abgeschnitten haben, können Sie in der Galerie erkunden. Bitte einfach weiterklicken!

 

 

 

 

 

Federstützen im Test: Fazit

Grundsätzlich ist festzustellen: Eine Federsattelstütze erhöht den Komfort. Im Detail haben die Hersteller ihre Hausaufgaben mehr oder weniger gut gemacht. Maximalen Komfort bieten vor allem Parallelogrammfederstützen. Hier holt sich Suntour den Preis-Leistungstipp. Für Sportler empfehlen sich Canyon und CaneCreek eeSilk.

Der Testsieg geht am Ende an zwei Stützen: by.schulz G.2 ST und die horrend teure Cirrus. Bei den Teleskopstützen kann leider keine den besten Parallelogrammstützen das Wasser reichen. Deshalb gibt es hier einen Preis-Leistungstipp für die Ergotec SP-10.0 sowie einen Kauftipp für Sitting Bull.


Funktionsprinzipien im Vergleich

Teleskopfederstützen und Parallelogrammfederstützen haben eine unterschiedliche Einfederrichtung. Beim Teleskopprinzip werden die Rohre in sich verschoben und die Federrichtung wirkt nach vorne unten. Beim Parallelogramm­prinzip bewegt sich der Sattel auf einer Kreisbahn nach hinten unten.

Federstützen, Vergleich, Test, Kaufberatung

Parallelogrammstütze

Federstützen, Vergleich, Test, Kaufberatung

Teleskopstütze

Die Stoßrichtung der Schläge

Das Rad überträgt die Stöße des Untergrunds vor allem durch das Hinterrad auf den Körper. Als Kontaktpunkt agiert der Sattel. Das Bild zeigt die Stoßrichtung und verdeutlicht, dass die Stöße direkt in Richtung der Wirbelsäule wirken.

Federstützen, Vergleich, Test, Kaufberatung

Die Stoßrichtung der Schläge

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