Fahrradlenker, Workshop, Radfahren, Service

Komfort beim Radfahren: So stellen Sie den Fahrradlenker richtig ein

Fahrradlenker richtig einstellen: Darauf kommt es wirklich an

Komfort beim Radfahren: So stellen Sie den Fahrradlenker richtig ein

Der Fahrradlenker ist weit mehr als ein Steuerzentrum. Er entscheidet auch maßgeblich über den Komfort beim Radfahren. So stellen Sie den Lenker auf Ihre Anatomie ein – für eine entspannte und schmerzfreie Fahrt.
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Kennen Sie das? Wenn nach einiger Zeit des Fahrens die Nackenmuskulatur verkrampft? Wenn Schultern oder Ellenbogen schmerzen oder gar die Finger am Lenker taub werden?

Solche Beschwerden an den Kontaktstellen zwischen Mensch und Fahrrad sind leider ein gängiges Problem. In vielen Fällen ist ein falsch eingestellter oder unpassender Lenker die Ursache. Mit dem Lenker, oder besser gesagt: mit der Einheit aus Lenker, Vorbau und Griffen, verhält es sich wie mit einem Kleidungsstück.

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Einstellungssache Fahrradlenker

Es mag schön und funktional sein. Doch wenn es nicht zu Ihrer Anatomie passt, oder falsch getragen wird, ist es niemals bequem. Sollte Ihnen also eines oder gar mehrere der eingangs beschriebenen Probleme bekannt vorkommen, sollten Sie ihre Steuerzentrale unter die Lupe nehmen.

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Dr. Achim Schmidt von der Deutschen Sporthochschule Köln.

„Die Einstellung des Lenkers gehört zu den komplexesten Punkten beim BikeFitting“, weiß Dr. Achim Schmidt. Der promovierte Sportwissenschaftler lehrt an der Deutschen Sporthochschule Köln und führt in Kooperation mit der Firma Ergotec Händlerschulungen in Sachen BikeFitting durch.

Fahrradlenker Einstellung hängt vom Fahrstil ab

„Das Problem ist, dass es die richtige Einstellung des Lenkers nicht gibt. Neben der persönlichen Anatomie ist sie auch vom Fahrstil des Radfahrers abhängig.“ Der Begriff „Fahrstil“ bezeichnet in diesem Fall die Grundhaltung auf dem Fahrrad, die sich in vier Kategorien einteilen lässt.

Die Bandbreite reicht von der völlig aufrechten Hollandrad-Position über die zunehmend stärker vorgeneigten City- und Trekkingrad-Positionen bis hin zum „Sportler“, der auf dem Rad eine aerodynamisch günstige, stark nach vorne geneigte Haltung einnimmt.

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Das Treten wird bei zunehmend vorgeneigtem Oberkörper immer effizienter. Schließlich dient dann die Vorspannung der Rumpfmuskulatur den Beinen als Widerlager. Gleichzeitig nimmt aber auch die Belastung des Lenkers und die notwendige muskuläre Arbeit in Oberkörper und Armen zu.

Und genau hier ist häufig die Ursache entstehender Schmerzen zu suchen.

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Stellen Sie den Vorbau zuerst auf die gewünschte Oberkörperneigung ein.

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Drehen Sie nun den Lenker im Vorbau, bis Ihre Handgelenke gerade sind.

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Drehen Sie nun die Griffe in eine Position, die das gerade Handgelenk unterstützt.

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Richtig: Das Handgelenk ist gerade in Achse und Winkel, das Blut kann zirkulieren.

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Falsch: erhöhter Druck auf die Handnerven durch abgewinkeltes Handgelenk.

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Die Bremsen werden genau in Flucht mit dem Winkel des Unterarms gestellt.

Die richtige Fahrposition

„Viele typische Schmerzen beim Radfahren sind auf muskuläre Überlastungen zurückzuführen“, erklärt Dr. Achim Schmidt. „Selbst die häufigen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule haben oft hier ihre Ursache. Die Muskulatur ist nicht stark genug, um die notwendige Haltearbeit dauerhaft zu leisten.

Problemzonen Schulter, Arme und Handgelenke

Der Oberkörper sackt zusammen, die Wirbelsäule wird ungünstig belastet. Gleichzeitig nimmt der Druck auf den Lenker zu, weil man sich stärker abstützt. Die Folge sind die typischen Probleme in Schultern, Armen oder Handgelenken.“

 

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Sollte also, wer beim Fahren Schmerzen verspürt, eher eine weniger geneigte Fahrposition wählen? Nach Dr. Schmidt ist dies vor allem eine Frage der Dosis. „Bei Vielfahrern passt sich die Muskulatur mit der Zeit der Belastung an. Sie sollten eher kürzer fahren, um den Muskeln die Chance zu geben, die Anpassung zu leisten.“

Ganz anders lautet der Fahrradlenker-Rat des Fachmanns an Menschen, die nur sporadisch in die Pedale treten. „Wenigfahrer können nicht hoffen, dass sich die Muskulatur einer seltenen, aber hohen Belastung anpasst. Sie sollten bei Problemen eher eine aufrechtere Position wählen.“

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Richtige Lenkerbreite: Die Mitte der Griffe entspricht der Breite der Schultern.

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Richtige Kröpfung: Nehmen Sie zwei Hölzer und lassen Sie die Arme locker hängen.

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Gehen Sie nun in Ihre Fahrposition. Der Winkel, den die Hölzer nun bilden, entspricht der für Ihre Anatomie richtigen Kröpfung. ...

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... Je sportlicher die Position, desto flacher der Winkel.

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Dr. Achim Schmidt von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Vorsicht sei jedoch geboten, wenn Schmerzen unmittelbar nach Aufbruch zu einer Tour aufträten. „Schmerzen aufgrund muskulärer Überlastung bauen sich erst nach einiger Zeit auf. Wenn es direkt nach dem Losfahren wehtut, kann das ein Zeichen für eine Vorerkrankung eines Gelenks sein. Das sollte man dann unbedingt medizinisch abklären lassen!“

Die richtige Haltung

„Für eine dauerhaft schmerzfreie Fahrt müssen Rücken- und Bauchmuskulatur in Vorspannung sein, um den Oberkörper optimal zu stützen“, verrät Achim Schmidt.

„Die individuell richtige Fahrposition ist die, in der sich diese Vorspannung für die Dauer der Ausfahrt halten lässt.“ Wichtig sei zudem, dass die Ellenbogen niemals komplett durchgestreckt würden. „Das kann zu schweren Problemen wie etwa einem Tennisellenbogen führen.“

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Eine optimale Vorspannung im Oberkörper ist der Königsweg zu einer schmerzfreien
Fahrt. Vorbau, Lenker und Griffe helfen, die richtige Haltung einzunehmen.

Um Taubheitsgefühlen in den Händen und Fingern entgegenzuwirken, sollten zudem die Handgelenke in eine in Achse und Winkel gerade Position gebracht werden.

„Durch die Handwurzel verlaufen mit Medianus- und Ulnarnerv zwei wichtige Nervenstränge. Wird das Handgelenk am Griff abgeknickt, verursacht das einen hohen Druck auf diese Nerven, was nach kurzer Zeit zu Taubheitsgefühlen führt. Im Extremfall kann es dadurch auch zu irreversiblen Nervenschädigungen kommen!“

Fahrradlenker: Das richtige Material

Diese Idealhaltung lässt sich mit der Wahl des Materials unterstützen. So erlaubt ein in Höhe und Winkel verstellbarer Vorbau eine Feineinstellung der Fahrposition. Auf Ergonomie spezialisierte Hersteller bieten Lenker nicht nur in unterschiedlichen Breiten, sondern auch mit darauf angepassten Kröpfungswinkeln an.

Ergonomisch geformte Griffe Am Fahrradlenker helfen, den Druck und damit Schmerzen an der Kontaktstelle zum Fahrrad zu minimieren. Schließlich bieten diese nicht nur eine größere Auflagefläche. Durch ihre sich verbreiternde Form helfen sie auch dabei, das Handgelenk in die anatomisch günstigste Position zu bringen.

Wie aber findet man die für die eigene Anatomie richtige Kombination aus Vorbau, Lenker und Griffen? Für Dr. Achim Schmidt führt hierfür kein Weg am gut sortierten Fachhandel vorbei. „Da hilft nur Ausprobieren. Die gute Nachricht: Was sich richtig anfühlt, ist auch meistens richtig!“

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