Magdalena Neuner im Interview: Über Cargobike und E-MTB
„Sport, den man gerne macht – das ist Stressabbau“
Magdalena Neuner im Interview: Über Cargobike und E-MTB
in Persönlichkeiten
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„So richtig langweilig war mir schon länger nicht mehr“, sagt Magdalena Neuner und lacht. Mit Blick auf ihren, auch zwölf Jahre nach Karriereende noch vollen „Dienstplan“ überrascht das nicht; bereits ihr eigentlicher Hauptjob als Mutter dreier Kinder dürfte häufig locker tagfüllend sein. Zusätzlich arbeitet die im oberbayerischen Wallgau beheimatete ehemalige Winter-Spitzensportlerin nach wie vor mit mehreren Werbepartnern zusammen, nimmt für diese öffentliche Termine wahr. Nichts, was die 37-Jährige als selbstverständlich betrachtet. „Ich hätte nie gedacht, dass zwölf Jahre nach meinem Karriereende das Interesse an meiner Person noch so groß ist“. Ihrer tief wurzelnden Neugier und Offenheit für ganz unterschiedliche Themen folgend, hat Magdalena Neuner in den vergangenen drei Jahren im Fernstudium Gastronomiemanagement gelernt, eine Ausbildung zum Resilienztrainer gemacht, außerdem den ersten Teil ihrer Ausbildung zu Reiki Grad 2 absolviert. Das tibetische Reiki versteht sich als therapeutische Energiearbeit, bei der der Behandelnde daran arbeitet, Energiezentren im Körper wieder in Einklang zu bringen. Ehrenamtlich engagiert ist Neuner in der Peak Performer Stiftung, der sie als Schirmherrin vorsitzt. Über die von ihr mit organisierten und betreuten Kids Camps können Kinder und Jugendliche diverse Sportarten ausprobieren.
In ihrer märchenhaft erfolgreichen Biathlon-Profikarriere drückte Neuner dem beliebten Wintersport ihren Stempel auf. Ihre Bilanz liest sich spektakulär: 34 Einzel-Biathlon-Weltcupsiege, 12 WM-Goldmedaillen, Doppelolympiasiegerin bei den Winterspielen im kanadischen Vancouver 2010; errungen bis zu ihrem Karriereende 2012, dank ihrer enormen Langlaufstärke.
Sport, Bewegung, das Draußensein – unverändert elementare Komponenten im Leben von Magdalena Neuner, die insbesondere ihre Radfahrleidenschaft in ganz verschiedenen Facetten auslebt. Gewissermaßen „familiären“ Zuwachs erfahren hat Familie Neuner in jüngerer Zeit in Form eines sportiven, geräumigen Familienmitglieds, das man dank blau-grünem Alurahmens und seines großzügigen Regendaches von weitem erkennt – und das hoch geschätzt wird. „Das E-Cargobike ist unser Besorgungsrad. Unser kleiner Sohn liebt das total, der mag immer darin fahren, auch zum Spielplatz. Wenn ich nur kurze Touren oder Einkäufe mache, fahre ich total gerne damit, weil ich den Platz habe, was mitzunehmen und keinen Rucksack schleppen muss.“
Magdalena Neuner im Interview
Wie sind Sie aufs Radfahren gekommen, was war Ihr Bezugspunkt, Frau Neuner?
Magdalena Neuner: Ich komme aus einer Ausdauersportart und im Sommer habe ich früher viele Kilometer auch auf dem Fahrrad trainiert. Mir ist das Radfahren sehr lieb. Ich lebe ja in einer Region, die ausgezeichnet für Mountainbiking und Rennradfahren geeignet ist. Früher hatten wir auf Ibiza jedes Jahr einen zweiwöchigen Rennrad-Lehrgang. Das Radfahren begleitet mich schon seit sehr vielen Jahren. Im Übrigen: Meine erste große Investition, als ich damals mit 16 Jahren das erste Mal in meinem Leben Geld verdient hatte, war ein Rennrad!
Wie schön! Ob Sie auch Rennrad fahren, hätte mich ohnehin interessiert.
Rennradfahren ist momentan weniger Thema bei mir. Ich habe mein Rennrad zwar aktuell zur Reparatur gebracht, weil ich mir dachte, ich könnte damit wieder häufiger starten, aber im Moment bin ich meist auf E-Bike oder Mountainbike unterwegs, weil ich in der Regel zwei bis drei Kinder dabei habe. Egal, ob ich auf dem E-Cargobike oder dem E-MTB sitze. Auf dem E-MTB nutze ich einen Kinder-Bikesitz zwischen Sattel und Oberrohr, damit kann ich sehr sportlich fahren. Das funktioniert richtig toll, weil man nicht das Gefühl hat, dass irgendetwas wackelt oder zieht. Natürlich passt man gut auf und fährt bergab eher keinen Singletrail. Ansonsten bin ich auch mit dem Radanhänger unterwegs. Derzeit ist daher verstärkt mein E-Bike im Einsatz, nur ab und an mein geliebtes Mountainbike, das ich nutze, wenn ich alleine fahre. Künftig vielleicht auch wieder auf dem Rennrad, wobei ich eine gewisse Scheu habe, weil ich finde, dass so wahnsinnig viel Verkehr ist.
Gibt es einen großen Fahrradtraum, den Sie träumen?
Also, ich habe gegen Ende meiner Karriere, 2010 und 2011, mit meiner damaligen Trainingsgruppe jeweils eine MTB-Transalp ohne E-Motor zum Gardasee gemacht, immer über die schwersten Etappen. Das war richtig hardcore (lacht). 12.500 Höhenmeter!
Okay, wow – Respekt!
Ja. Das war krass. Ich hatte auch einen Nervenzusammenbruch, als ich den Gardasee gesehen habe (lacht). Vom Brenner sind wir bis zum Gardasee gefahren, haben das aber auf zwei Jahre aufgeteilt; einmal drei Tage, einmal vier Tage. Ich war ja Biathletin, keine professionelle Mountainbikerin. Das war schon echt heftig, vor allem, weil wir bergab meistens Singletrails gefahren sind. Dadurch hast du wenige Erholungsphasen, sitzt acht Stunden auf dem Bike. Von daher habe ich mein MTB-Extremabenteuer schon erledigt (lacht).
Das ist aber ja auch extrem.
Ja, das war es, aber eben auch total schön.
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Biken mit der Familie: Magdalena Neuner ist mit dem E-MTB unterwegs
Wo sind Sie gerne per Rad unterwegs?
Momentan, wenn ich mit den Kindern E-Biken oder Fahrrad fahren gehe, bewegt sich das im Umkreis von Wallgau. Das sind eher kleinere Touren Richtung Vorderriß, „Klein-Kanada“ nennt man das auch. Die Vorderrißstraße beginnt in Wallgau nahe unseres Hauses und dorthin sind es 30 Kilometer, das ist schon anspruchsvoll. Was wir auch gerne machen, ist, von uns zu Hause Richtung Schloss Elmau zu fahren, mit dem Fahrrad eine gute halbe Stunde. Oder über den Ferchensee und Lautersee nach Mittenwald hinunter zu fahren, ebenfalls eine super schöne Radrunde. Das Karwendel ist natürlich wunderschön, auch das Karwendelhaus. Aber das ist mit den Kindern noch zu heftig.
Verständlich. Und dem E-MTB sind Sie sehr zugetan?
Man kann ja übers E-MTB schimpfen, aber ich find’s super. Mein Mann und ich diskutieren immer darüber, weil er dazu immer sagt, ‘ja, wenn ich mal siebzig bin, vielleicht“. Er hat sich jetzt ein neues MTB bestellt, weil er Verfechter davon ist, dass das doch alles Blödsinn ist, den man nicht braucht. Ich sage: eigentlich schade für ihn. Denn ich bin ja auch sportlich und komme mit dem normalen MTB überall hin, aber mit dem E-MTB fährt man Sachen, wo man mit dem normalen MTB überlegt: ‚Mach ich das oder nicht?‘. Steil rauf zum Karwendelhaus ist’s mit dem E-MTB toll, wenn man die ganze Runde von der Engalm fährt. Sowas macht man mit dem normalen MTB nicht mal eben so, das ist für mich eine krassere Herausforderung. So fit wie früher bin ich nicht und für mich ist das E-MTB einfach super, um tolle Touren zu fahren, ohne mich komplett zu verausgaben. Das brauche ich auch nicht mehr.
Wenn ich mit meinen Kindern fahre, schalte ich den E-Motor immer in die niedrigste Stufe. Den Kleinen habe ich dann bei mir auf dem Rad und manchmal schleppe ich die Großen auf dem E-Bike per Gummiseil mit ab. Ganz ehrlich: Das ist selbst auf dem E-Bike Training für mich (lacht). Mit dem E-MTB schalte ich bergab schon mal in einen größeren Gang und weiß, ich komme trotzdem definitiv im Steilen rauf. Trotzdem aber habe ich immer das Gefühl, was getan zu haben.
Sport als Stress-Abbau
Hilft Radfahren, ein besserer Mensch zu sein oder zumindest die eigene Mitte zu finden?
Ja, definitiv. Zum einen ist Bewegung und Sport immer etwas, was einen wieder zu sich selbst zurückbringt, das ist Fakt. Und als Resilienztrainerin kann ich sagen, dass der beste Stressabbau Sport ist. Also, der steht auf Platz eins, wenn es ums Stressmanagement geht. Okay, Eisbaden auf der Eins und Sport auf Platz zwei (lacht). Ein wichtiger Punkt: Sport zu machen, nicht, weil man es muss, sondern, weil man weiß, wie gut es einem danach geht. Findet man einen Sport, den man gerne macht, ist das totaler Stressabbau!
Sind Sie ob Ihrer Erfahrungen als Profisportlerin besonders gut darin, Stress abzubauen?
Es war so, dass ich als Sportlerin gerade in der Hinsicht auch Rückschläge einstecken musste und zweimal in einen Burnout reingerutscht bin; beim zweiten Mal unbemerkt. Deswegen beschäftigt mich das so. Ich habe die Ausbildung als Resilienztrainerin/-beraterin absolviert, weil ich das Thema so zeitgemäß und spannend finde. Wenn man sich zum Beispiel uns Mütter – Berufstätige natürlich genauso – anschaut: Wir haben als Mama permanent das Gefühl, nicht genügend zu sein. Nicht gut genug zu performen, mit den Kindern nicht oft genug etwas zu unternehmen, nicht die perfekte Mama zu sein. Ich glaube, das ist ein Thema, bei dem wir als Gesellschaft umdenken müssen. Was ist Leistung? Ich glaube, es ist auch eine Leistung, die Familie zusammenzuhalten, liebevoll mit den Kindern umzugehen und für sie da zu sein. Wir haben das auch in unserem Buch aufgegriffen, das war mir ein Anliegen. Darin sage ich: Wir geben jeden Tag unser Bestmögliches. Sprich das, was wir eben als Mütter zu leisten imstande sind.
Glaub’ ich sofort.
Das ist ja ganz unterschiedlich, was der Einzelne leisten kann. Und um auf das Thema Pausen zurückzukommen: Es ist als Mama so schwer, sich diese Pausen zu nehmen! Ich habe auch immer mal wieder diesen Zwiespalt, dass meine To-do-Liste eigentlich wahnsinnig lang ist und dann bin ich aber an einem Punkt, an dem du denkst ‚ich bräuchte jetzt wirklich mal ‘ne Pause!“ Als Sportlerin war das einfacher – da haben Pausen zu meinem Job gehört. Da hatte ich erst Training, dann Mittagspause. Und in der habe ich mich wirklich regeneriert und in der Zeit nicht meine Wohnung geputzt, sondern eine Stunde geschlafen. Ich habe mich gut ernährt, mich gedehnt oder mental trainiert. Als Sportler geht man sehr bewusst mit diesen Pausen um, weil man weiß, dass sie dazugehören, um leistungsfähig zu sein.
Das ist nachvollziehbar.
Ja, man sagt ja auch: ‚Der Muskel wächst in der Erholung‘. Das sollte man wirklich aufs normale Leben übertragen.
Leistung thematisieren Sie auch in Ihrem, mit zwei Co-Autoren geschriebenen, Buch „Peak Performer“?
Wir wollten in unserem Buch Leistung neu denken und zeigen, dass sie etwas sehr Schönes sein kann, wenn wir die richtige Balance finden. Das ist, glaube ich, der Punkt. Ohne völlig abzukommen von der Leistung, weil das sehr schräg wäre. Nur zu sagen, ich steige aus und chille jetzt nur noch, das bringt uns als Gesellschaft ja nicht weiter. Und in der Wirtschaft sehen wir ja zum Beispiel auch einen Fachkräftemangel als eine Problematik. Ich glaube, wir brauchen ein gesundes Leistungsverständnis. Und eine gute Balance zu finden, ist, glaube ich, Teil dieses neuen Leistungsverständnisses, das wir alle haben sollten.
Magdalena Neuner über die Auszeiten im Alltag
Wie halten Sie die Balance im Leben?
Ich nehme mir im Alltag bewusst Pausen, wenn ich merke, ‚oh, jetzt stresst alles‘. Dann mache ich mir einen Kaffee, setze mich irgendwo hin. Manchmal setze ich mir Kopfhörer auf, stelle Meditationsmusik ein, lege mich hin, mach’ die Augen zu, fahre runter. So kann ich mich wieder besser managen, wenn im Außen viel los ist. Ich glaube, manchmal kann man sonst gar nicht mehr viel machen, weil man einfach nur noch gestresst ist. Pausen baue ich täglich ein. Man muss das bewusst machen und sich vom schlechten Gewissen lösen, vom ‚man müsste doch‘ oder ‚es wäre wichtig, dass‘. Sprich: sich frei machen von diesen äußerlichen, vielleicht nicht immer positiven Beispielen und Erwartungen.
Sich immer wieder, selbst wenn es schwerfällt, auch aktiv um sich selbst kümmern, also?
Ja. Ich denke, dass wir sowieso wieder verstärkt auf ursprüngliche, ganzheitliche Themen zurückkommen. Für mich ist es tatsächlich so, dass der Mensch aus Energie besteht, das steht ja nicht im Zweifel. Das ist Leben. Unser Blut muss ja zirkulieren, bildet unsere Lebensader. Ich glaube, wir bestehen nicht nur aus Materie; in uns wohnt auch ein Mensch, eine Seele, ein Geist, der mal glücklich, mal weniger glücklich ist. Und ich glaube, umso besser man Seele und Geist in Einklang bringt – das hat bestimmt jeder schon einmal erfahren – desto besser geht es einem insgesamt. Geht es einem mental gut, geht es einem meist auch körperlich gut – und umgekehrt. Ich glaube, man kann diese Dinge nicht voneinander trennen. So einfach ist das. Das hat im Endeffekt gar nichts mit Esoterik zu tun; vielmehr ist das sozusagen eine Art körperlichen Energiemanagements.